Mandanten-Info März 2020

 

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren,

 

in den letzten sechs Wochen vor dem Jahreswechsel wurden mindestens zwölf Einzelgesetze verabschiedet, die zu Änderungen in nahezu allen Bereichen des Steuerrechts geführt haben bzw. führen werden. Bürokratieentlastung, Klimaschutz, Bekämpfung von Steuergestaltungen sowie Korrektur missliebiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs waren dabei die vorrangigen Ziele des Gesetzgebers. Im Folgenden sind für Sie die bedeutendsten Neuregelungen mit den Schwerpunkten Einkommen- und Umsatzsteuerrecht in knapper Form zusammengestellt.

 

Mit freundlicher Empfehlung und den besten Grüßen

 

Lerner Lachenmaier & Partner

 

Die nachstehenden Informationen werden unverlangt erteilt.
Sie erfolgen unter Ausschluß einer Rechtspflicht zur Fortsetzung und Haftung.

 

Änderungsgesetze im Überblick

 

Die wichtigsten steuerrechtlichen Änderungen sind in den folgenden Gesetzen zu finden:

  • Drittes Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 20.11.2019 (G1);
  • Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10.12.2019 (G2);
  • Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften („Jahressteuergesetz 2019“) vom 12.12.2019 (G3);
  • Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht vom 21.12.2019 (G4);
  • Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21.12.2019 (G5).

Zur einfacheren Orientierung werden die Änderungen nachstehend ungeachtet dessen, in welchem Gesetz sie enthalten sind, entsprechend der Paragraphenfolge vorgestellt; die Zuordnung erschließt sich aus dem beim jeweiligen Gesetz vermerkten Kürzel. Soweit nicht anders vermerkt, sind die Änderungen zum 31.12.2019 bzw. 1.1.2020 in Kraft getreten.

1. Änderungen im Bereich des Einkommensteuerrechts

 

Der Freibetrag für vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und zur betrieblichen Gesundheitsförderung nach § 3 Nr. 34 EStG wird von bisher 500 Euro auf 600 Euro je Mitarbeiter und Jahr angehoben (G1).

Bei der Bewertung von Entnahmen durch Unternehmer infolge der Privatnutzung eines Elektro- bzw. Hybridfahrzeugs als Firmenwagen ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG wie folgt vorzugehen (G3):

  • Bei Anschaffung eines Fahrzeugs, das keine Kohlendioxidemission verursacht und dessen Bruttolistenpreis nicht mehr als 40.000 Euro beträgt, nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031, ist der Bruttolistenpreis nur mit einem Viertel anzusetzen.
  • Greift vorstehende Regelung nicht und wird das Fahrzeug nach dem 31.12.2021 und vor dem 1.1.2025 angeschafft, ist der Bruttolistenpreis nur zur Hälfte zu berücksichtigen, wenn die Kohlendioxidemission höchstens 50 Gramm/Kilometer beträgt oder das Fahrzeug allein mit Elektroantrieb eine Reichweite von 60 Kilometern hat. Für nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2031 angeschaffte Fahrzeuge gilt Gleiches, sofern das Fahrzeug allein mit Elektroantrieb eine Reichweite von 80 Kilometern hat.

Entsprechendes gilt bei Ermittlung des Nutzungswerts anhand eines Fahrtenbuchs, indem die Abschreibung auf Basis eines Viertels bzw. der Hälfte der Anschaffungskosten berechnet wird. Für Arbeitnehmer sind diese Regelungen entsprechend anzuwenden.

Nach einem neuen § 6e EStG rechnen Fondsetablierungskosten zu den Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter, die ein Steuerpflichtiger gemeinschaftlich mit anderen Anlegern beim Kauf von Fondsanteilen erwirbt. Als Fondsetablierungskosten gelten alle Aufwendungen, die neben den Anschaffungskosten an den Projektanbieter oder an Dritte zu zahlen sind, ebenso Haftungs- und Geschäftsführungsvergütungen für Komplementäre, schuldrechtlich begründete Geschäftsführungsvergütungen sowie Vergütungen an Treuhandkommanditisten. Die Neuregelung ist eine Reaktion auf die steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Sie ist auch in Wirtschaftsjahren anzuwenden, die vor dem 18.12.2019 geendet haben, und führt letztlich zum Ausschluss des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs von derartigen Kosten (G3).

Unternehmen, die neue Elektrofahrzeuge oder elektrisch betriebene Lastenfahrräder nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2031 anschaffen, können nach § 7c EStG im Jahr der Anschaffung neben der linearen Abschreibung eine Sonderabschreibung von 50 % auf die Anschaffungskosten vornehmen (G3). Begünstigt sind

  • Elektrofahrzeuge der EG-Fahrzeugklassen N1, N2 und N3, die ausschließlich durch Elektromotoren angetrieben werden, ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden.
  • Lastenfahrräder mit einem Mindest-Transportvolumen von einem Kubikmeter, einer Nutzlast von mindestens 150 Kilogramm und einem elektromotorischen Hilfsantrieb.

Der Begriff der „Einnahmen in Geld“ in § 8 Abs. 1 EStG wird erweitert um zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. Hiervon ausgenommen sind Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz erfüllen. Letzteres gilt vor allem für Zahlungsinstrumente zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten des Zahlungsinstruments bzw. von mit diesem verbundenen Geschäftspartnern sowie für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums. Gutscheine, die diese Voraussetzungen erfüllen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, können weiterhin als Sachbezug behandelt werden und bleiben bis zu 44 Euro je Kalendermonat steuerfrei (G3). Sonst liegt steuerpflichtiger Lohn vor.

Die verbilligte Überlassung einer Wohnung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer führt grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Sachbezug. Dessen Ansatz unterbleibt nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG jedoch dann, wenn die vom Arbeitnehmer bezahlte Miete mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Miete und die Kaltmiete je Quadratmeter nicht mehr als 25 Euro beträgt (G3).

Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen bei auswärtigen beruflichen Tätigkeiten im Inland von mehr als 8 Stunden Dauer nach § 9 Abs. 4a EStG steigen von 12 Euro auf 14 Euro, diejenigen für volle Kalendertage von 24 Euro auf 28 Euro. Muss in diesem Zusammenhang in einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers übernachtet werden, kommt eine weitere Pauschale von 8 Euro hinzu; alternativ können auch tatsächlich entstandene höhere Übernachtungskosten abgesetzt werden (G3). Diese Regelung gilt auch für Selbstständige.

Die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG steigt ab dem 21. Entfernungskilometer (G4)

  • von 2021 bis 2023 auf 0,35 Euro,
  • von 2024 bis 2026 auf 0,38 Euro.

Für die ersten zwanzig Kilometer bleibt es bei der bisherigen Pauschale von 0,30 Euro/Kilometer. Entsprechendes gilt für Fahrten anlässlich doppelter Haushaltsführung.

Eltern können Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge eines Kindes, für das ein Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag besteht, nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG als eigene Beiträge behandeln und absetzen, wenn sie diese Beiträge in Form von Bar- oder Sachunterhalt getragen haben (dazu zuletzt Mandanteninfo September 2019). Auf die Einkünfte und Bezüge des Kindes kommt es nicht an. Der Abzug ist auch dann zulässig, wenn ein Elternteil die Beiträge für ein Kind trägt, das nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil (G3).

Eine weitere Änderung in § 10 Abs. 1 EStG ermöglicht es, Beiträge bis zur Höhe des Dreifachen anstelle des bislang Zweieinhalbfachen zur Krankenversicherung vorauszuzahlen und im Veranlagungszeitraum der Zahlung als Vorsorgeaufwendungen abzusetzen. Die bisherige Zusatzregelung für Vorauszahlungen, die der unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahres dienen, wurde gestrichen (G3).

Nicht als Zuwendungen im Sinne von § 10b Abs. 1 EStG abzugsfähig sind nach dessen neuem Satz 8 unter anderem Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die z.B. Sport, der Freizeitgestaltung dienende kulturelle Betätigungen, Heimatpflege und Heimatkunde fördern (G3). Diese Regelung gilt nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Körperschaften.

Eine Änderung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sorgt dafür, dass eine (vermögensverwaltende) Personengesellschaft unabhängig von ihrer Tätigkeit auch dann insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht, wenn sie an einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt ist und diese einen Gewinn oder Verlust erwirtschaftet. Dies ist wiederum eine Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), nach dessen Auffassung ein Verlust der Beteiligungsgesellschaft keine Abfärbewirkung entfaltet. Diese Regelung gilt auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 (G3).

In dem neuen, erstmals nach dem 31.12.2024 anzuwendenden § 13b EStG wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führende gemeinschaftliche Tierhaltung vorliegt (G3).

Ein neuer Abs. 2a definiert die Anschaffungskosten für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Sinne von § 17 EStG. Die Neuregelung führt im Wesentlichen zur Wiederherstellung der Rechtslage vor der in Mandanteninfo September 2017 bereits dargestellten Rechtsprechungsänderung durch den Bundesfinanzhof (BFH). Sie gilt erstmals für Veräußerungen nach dem 31.7.2019, kann auf Antrag aber auch für vor diesem Stichtag liegende Vorgänge angewendet werden (G3).

Die Verrechnung von Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wird als Reaktion auf die der Auffassung der Finanzverwaltung widersprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in zweierlei Hinsicht durch Erweiterung von § 20 Abs. 6 EStG weiter eingeschränkt (G5):

  • Verluste aus Termingeschäften im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG, die nach dem 31.12.2020 entstehen, dürfen nur bis zu 10.000 Euro mit entsprechenden Gewinnen aus Termingeschäften sowie Einnahmen aus Stillhaltergeschäften nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG verrechnet werden. Übersteigende Verluste können vorgetragen und in den folgenden Jahren jeweils bis zu maximal 10.000 Euro verrechnet werden.
  • Eine vergleichbare Regelung wurde für nach dem 31.12.2019 entstehende Verluste infolge teilweisen oder vollständigen Ausfalls von Forderungen, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter (insbesondere Aktien), aus der Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 20 Abs. 1 EStG auf Dritte sowie aus dem sonstigen Ausfall der zuletzt genannten Wirtschaftsgüter eingeführt. Die Verlustverrechnung im Entstehungsjahr sowie in den Folgejahren wird ebenfalls aufje 10.000 Euro begrenzt.

Steuerpflichtige Kapitalerträge, die nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, müssen in der Einkommensteuererklärung angesetzt werden und unterliegen dann der Abgeltungsteuer. Fließen derartige Erträge Arbeitnehmern zu, müssen diese sich nach § 32d Satz 3 EStG auch dann zur Einkommensteuer veranlagen lassen, wenn sie nach § 46 Abs. 2 EStG eigentlich nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind (G3).

Die Regelung zur Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in § 32c EStG wurde überarbeitet und soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 angewendet werden (G3). Sie tritt erst nach der Feststellung der Europäischen Kommission, dass es sich hierbei nicht um eine unzulässige Beihilfe handelt, in Kraft.

Für energetische Maßnahmen an eigenen, ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die nach dem 31.12.2019 begonnen und vor dem 1.1.2030 abgeschlossen werden, führt § 35c EStG eine Steuerermäßigung ein (G4). Unter der Voraussetzung, dass das Gebäude bei der Durchführung einer energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre ist, beläuft sich die Steuerermäßigung

  • im Kalenderjahr des Abschlusses der Maßnahme und im folgenden Kalenderjahr auf jeweils 7 % der Aufwendungen, höchstens jedoch jeweils 14.000 Euro,
  • im übernächsten Kalenderjahr auf 6 % der Aufwendungen, höchstens aber 12.000 Euro,
  • auf maximal 40.000 Euro je gefördertem Objekt.

Folgende Maßnahmen – insoweit steht noch eine Rechtsverordnung aus – werden gefördert:

  • Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen und Geschossdecken;
  • Erneuerung von Fenstern und Außentüren;
  • Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage;
  • Erneuerung von Heizungsanlagen bzw. Optimierung bestehender, mehr als zwei Jahre alter Heizungsanlagen.
  • Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung.

Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG setzt weiterhin insbesondere voraus, dass

  • die Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wurden,
  • keine Steuerbegünstigung nach § 10f EStG für Baudenkmale oder Objekte in Sanierungsgebieten bzw. keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienst- oder Handwerkerleistungen in Anspruch genommen wurde,
  • keine zinsverbilligten Darlehen oder steuerfreien Zuschüsse beansprucht wurden,
  • die Maßnahmen von einem Fachunternehmen durchgeführt wurden und dieses hierüber eine gesonderte Bescheinigung auf amtlich vorgeschriebenem Muster ausgestellt hat; auch hierzu bedarf es noch einer Rechtsverordnung;
  • dem Steuerpflichtigen eine in deutscher Sprache abgefasste Rechnung vorliegt, aus der sich die Aufwendungen, die förderfähigen Maßnahmen, die Arbeitsleistung des Fachunternehmens sowie die Adresse des begünstigten Objekts ergeben;
  • die Zahlung der Rechnung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist.

Zuschüsse zu einem Jobticket, die der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn leistet, können bislang schon nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei bleiben, führen aber dazu, dass die Entfernungspauschale um die steuerfreie Leistung gekürzt wird. Anstelle der Steuerbefreiung kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Jobtickets nach dem neuen § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG mit 25 % pauschalieren; in diesem Fall unterbleibt auf der Arbeitnehmerseite die Minderung der Entfernungspauschale (G3).

Der geldwerte Vorteil infolge der unentgeltlichen oder verbilligten Zuwendung eines betrieblichen Fahrrads, das nicht als Kraftfahrzeug anzusehen ist, kann nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ebenfalls mit 25 % pauschal versteuert werden (G3).

Die Grenze in § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG, bis zu der die Lohnsteuer von kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern mit 25 % pauschal berechnet werden kann, steigt von bisher 72 Euro auf nun 120 Euro je Arbeitstag. Außerdem wird der pauschalierungsfähige Stundenlohn nach Abs. 4 Nr. 1 dieser Vorschrift von 12 Euro auf 15 Euro erhöht. Ein neuer Abs. 7 in § 40a EStG eröffnet die Möglichkeit, die Lohnsteuer für Bezüge von kurzfristig im Inland tätigen, beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern, die einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, ungeachtet der Lohnsteuerabzugsmerkmale pauschal mit 30 % zu erheben (G1).

Beiträge des Arbeitgebers zu einer Gruppenunfallversicherung können bislang mit 20 % pauschal besteuert werden, wenn der Durchschnittsbetrag ohne Versicherungssteuer nicht höher als 62 Euro im Kalenderjahr ausfällt. Dieser Grenzbetrag steigt auf 100 Euro (G1).

Geringverdiener – Arbeitnehmer wie auch Selbstständige – haben für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 nach den §§ 101ff. EStG einen Anspruch auf eine Mobilitätsprämie (G4). Diese ist gesondert zu beantragen, wird durch einen Prämienbescheid festgesetzt und ausgezahlt, wenn sie mindestens 10 Euro beträgt. Die Prämie beträgt 14 % der wie folgt ermittelten Bemessungsgrundlage: Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. anlässlich doppelter Haushaltsführung, höchstens jedoch der Betrag, um den das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag unterschreitet.

2. Änderungen im Bereich des Umsatzsteuerrechts

 

Der neue § 3 Abs. 6a UStG enthält eine umfassende, auf EU-Recht zurückgehende Regelung für Reihengeschäfte, die der Klarstellung der Zuordnung der Beförderung oder Versendung dient und zur Erhöhung der Rechtssicherheit beitragen soll. Ein Reihengeschäft liegt danach nur dann vor, wenn zwar mehrere Unternehmer in die Lieferung eines Gegenstandes involviert sind, aber nur einer von ihnen die Verantwortung für dessen Transport vom Abgangsort bis zum Endabnehmer trägt (G3).

Innergemeinschaftliche Lieferungen sind nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG nur dann steuerfrei, wenn der liefernde Unternehmer eine Zusammenfassende Meldung abgegeben hat und diese hinsichtlich der betreffenden Lieferung vollständig und richtig ist. Die Neuregelung verweist auf § 18a Abs. 10 UStG, wonach ein Unternehmer eine unrichtige oder unvollständige Zusammenfassende Meldung binnen eines Monats berichtigen muss, nachdem er den Mangel erkannt hat, andernfalls droht ein Bußgeld bis zu 5.000 Euro. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach Änderung von § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG u.a. nur dann vor, wenn der Abnehmer für umsatzsteuerliche Zwecke erfasst ist und gegenüber dem liefernden Unternehmer eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats verwendet hat. Schließlich enthält der neue § 17a UStDV eine Regelung zur „Gelangensvermutung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Beförderungs- und Versendungsfällen“ (G3).

Für Konsignationslager, also Lager, die ein Unternehmen in einem anderen EU-Staat unterhält, um die dortigen Kunden schneller beliefern zu können, wurde in § 6b UStG eine Neuregelung geschaffen (G3).

Umsatzsteuerpflichtige bzw. optierende Existenzgründer müssen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen im Gründungs- und Folgejahr bislang monatlich abgeben. Eine für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 geltende Neuregelung in § 18 Abs. 2 Satz 6 UStG erlaubt nun die quartalsweise Abgabe der Voranmeldungen, wenn die zu entrichtende Umsatzsteuer voraussichtlich nicht mehr als 7.500 Euro betragen wird. Zur Prüfung der Grenze wird die voraussichtliche Umsatzsteuer in einen Jahresbetrag umgerechnet (G1).

Die Kleinunternehmergrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird von bisher 17.500 Euro auf 22.000 Euro angehoben (G1).

Unternehmer, deren Umsatz im Vorjahr nicht mehr als 500.000 Euro betragen hat, können nach § 20 Abs. 1 UStG beantragen, dass die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet wird (sog. Ist-Versteuerung). Dieser Grenzbetrag steigt auf 600.000 Euro (G5).

Ein neuer § 25f UStG versagt den Vorsteuerabzug sowie die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, wenn der liefernde Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich letztlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat. Die Regelung dient der Bekämpfung von Umsatzsteuer-Karussellen (G3).

3. Sonstige Änderungen

 

Wer einen Betrieb eröffnet oder eine freiberufliche Tätigkeit aufnimmt, muss hierzu nach bislang geltender Rechtslage erst nach Aufforderung durch das Finanzamt weitere steuerlich relevante Angaben machen. Dabei genügte es zudem, den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ in Papierform an das Finanzamt zu senden. Künftig sind diese Angaben unaufgefordert binnen eines Monats nach Gründung zu machen. Zudem muss die Meldung – der konkrete Anwendungszeitpunkt steht insoweit noch nicht fest – nach § 138 Abs. 1 b Satz 2 AO elektronisch übermittelt werden (G1).

Der Solidaritätszuschlag (G2) wird ab 2021 wie folgt zurückgeführt:

  • Die bisherigen Freigrenzen für die Erhebung des Solidaritätszuschlags von 972 Euro bei Einzel- bzw. 1.944 Euro bei Zusammenveranlagung werden auf 16.956 Euro bzw. 33.912 Euro angehoben.
  • Für höhere Einkommen gilt eine Milderungszone, die einen Belastungssprung beim Überschreiten der Freigrenze vermeiden soll. Die Wirkung dieser Milderungszone lässt mit steigendem Einkommen nach.
  • Im Lohnsteuerabzugsverfahren werden diese Freigrenzen auch bei sonstigen Bezügen berücksichtigt, was bislang nicht der Fall war.
  • Einkommen über der Milderungszone werden nicht entlastet. Gleiches gilt für den Solidaritätszuschlag auf die Kapitalertragsteuer, sofern die Günstigerpriifung zur Regelbesteuerung führt, sowie für insbesondere Kapitalgesellschaften, bei denen der Solidaritätszuschlag auf Basis der Körperschaftsteuer berechnet wird.

Derzeit wird diskutiert, die Rückführung des Solidaritätszuschlags auf den 1.7.2020 vorzuziehen; dazu müsste das Gesetz aber erneut geändert werden.