Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die heutige Mandanteninfo startet mit einem Überblick über die wichtigsten Änderungen durch die beiden Corona-Steuerhilfegesetze. Der Gesetzgeber hat nicht nur die Umsatzsteuersätze gesenkt, sondern u.a. Investitionsfristen verlängert, die degressive Abschreibung reaktiviert, den Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag erhöht, die Anrechnung der Gewerbesteuer verbessert und nebenbei die Konsequenzen für Steuerhinterzieher verschärft. Weiterhin erhalten Sie Informationen über wichtige Entscheidungen des Bundesfinanzhofs und der Finanzgerichte.

 

Mit freundlicher Empfehlung und den besten Grüßen

 

Lerner Lachenmaier & Partner

 

Die nachstehenden Informationen werden unverlangt erteilt.
Sie erfolgen unter Ausschluß einer Rechtspflicht zur Fortsetzung und Haftung.

 

Änderungsgesetze im Überblick

 

Corona-bedingte Änderungen enthalten das „Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz)“ vom 19.6.2020 (G1) sowie das „Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz)“ vom 29.6.2020. Weitere Neuerungen ergeben sich aus der „Fünften Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen“ vom 25.6.2020 (G3).

Zur einfacheren Orientierung werden die wichtigsten Änderungen nachstehend ungeachtet dessen, in welchem Gesetz sie enthalten sind, entsprechend der Paragraphenfolge vorgestellt; die Zuordnung erschließt sich aus dem beim jeweiligen Gesetz vermerkten Kürzel.

1. Änderungen im Bereich des Einkommensteuerrechts

 

Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 1.3. bis 31.12.2020 aufgrund der Corona-Krise gewährte Beihilfen von Arbeitgebern an Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen bleiben nach § 3 Nr. 11a EStG bis zu insgesamt 1.500 € steuerfrei (G1). Diese Beihilfen unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt; soweit sie den Freibetrag übersteigen, sind sie steuer- und sozialversicherungspflichtig. Die Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen.

Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeid und zum Saison-Kurzarbeitergeld bis zu 80 % der Differenz zwischen dem Soll- und Ist-Entgelt bleiben nach § 3 Nr. 28a EStG steuerfrei, sofern sie für Lohnzahlungszeiträume geleistet werden, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2021 enden (G1). Diese Leistungen stehen unter Progressionsvorbehalt und werden in der (elektronischen) Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen.

Land- und Forstwirte können nach § 8c Abs. 2 Satz 1 EStDV das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr bestimmen (G3). Diese Änderung gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2018 beginnen.

Zur Förderung der Elektromobilität wird die Bruttolistenpreisgrenze in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 EStG von bisher 40.000 € auf 60.000 € angehoben (G2). Diese Änderung gilt für reine Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge ohne CO2-Emission, die ab dem 1.1.2020 angeschafft werden; sie bewirkt, dass der Nutzungswert für einen solchen Firmenwagen nur mit 25 % des Bruttolistenpreises anzusetzen ist. Die Regelung gilt für Unternehmer wie auch für Arbeitnehmer, gleich ob die 1 %- oder die Fahrtenbuchmethode angewendet wird.

Die Fristen für die Übertragung von nach § 6b EStG gebildeten steuerfreien Rücklagen auf Ersatzwirtschaftsgüter wurden jeweils um ein Jahr verlängert (G2). Wenn eine Rücklage am Schluss des nach dem 29.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist nach § 52 Abs. 14 EStG erst mit dem Ende des darauffolgenden Wirtschaftsjahres. Für eine eventuelle weitere Fristverlängerung wurde eine Verordnungsermächtigung zugunsten des BMF geschaffen.

Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2022 angeschafft oder hergestellt werden, können nach § 7 Abs. 2 EStG degressiv abgeschrieben werden (G2). Die degressive Abschreibung ist auf das Zweieinhalbfache des sich bei linearer Abschreibung ergebenden Satzes und höchstens 25 % beschränkt. Neben der degressiven Abschreibung kann auch eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG vorgenommen werden. Zusätzliche außerordentliche Abschreibungen wegen außergewöhnlicher technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung sind dagegen nicht zulässig.

Wurden Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG in Anspruch genommen, müssen diese eigentlich bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres für entsprechende Investitionen verwendet werden, andernfalls sind sie rückgängig zu machen. Für in nach dem 31.12.2016 und vor dem 1.1.2018 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchte Abzugsbeträge wird diese Reinvestitionsfrist durch § 52 Abs. 16 EStG auf vier Jahre verlängert (G2).

Der Höchstbetrag für den Verlustrücktrag in das Vorjahr nach § 10d EStG wird für Verluste der Jahre 2020 und 2021 von 1.000.000 € auf 5.000.000 € bei Einzelveranlagung und von 2.000.000 € auf 10.000.000 € bei Zusammenveranlagung angehoben (G2). Diese Regelung gilt nicht nur für natürliche Personen, sondern über den Verweis in § 8 Abs. 1 KStG auch für Kapitalgesellschaften.

Der Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag nach § 24b EStG steigt befristet für die Jahre 2020 und 2021 von bisher 1.908 € auf 4.008 € (G2). Dagegen bliebt der Zusatzbetrag für jedes weitere Kind von 240 € unverändert. Die Erhöhung des EntIastungsbetrags soll bei Steuerpflichtigen mit Steuerklasse II automatisch berücksichtigt werden. In anderen Fällen ist ein Antrag zu stellen.

Der Faktor für die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer von Einzelunternehmern bzw. Gesellschaftern von Personengesellschaftern wird nach § 35 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 35a EStG mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 2020 unbefristet von bisher 380 % des Gewerbesteuer-Messbetrags auf 400 % erhöht (G2). Hierdurch soll den gestiegenen – und infolge der Corona-Krise wohl weiter steigenden – Gewerbesteuer-Hebesätzen der Gemeinden Rechnung getragen werden.

Für jedes Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld besteht, wird im Jahr 2020 nach § 66 Abs. 1 EStG ein einmaliger Kinderbonus in Höhe von 300 € gewährt; hiervon sollen 200 € im September und 100 € im Oktober ausgezahlt werden. Der Kinderbonus wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2020 ebenso wie das Kindergeld berücksichtigt, sodass er sich im Rahmen des Familienleistungsausgleichs bei Beziehern höherer Einkommen steuerbelastend auswirkt. Beim Bezug von Sozialleistungen wird der Kinderbonus dagegen nicht angerechnet.

Verlustrückträge in den Veranlagungszeitraum 2019 können nach dem neuen § 110 EStG bereits durch einen Antrag auf Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 2019 berücksichtigt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2020 bereits auf 0 € herabgesetzt worden sind (G2). Dann kann entweder

  • ein pauschaler Betrag in Höhe von 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2019 als vorläufiger Verlustrücktrag für 2020 abgezogen werden, bei dessen Berechnung etwaige Einkünfte aus Arbeitnehmertätigkeit nicht berücksichtigt werden, oder
  • ein höherer Verlustrücktrag abgezogen werden, wenn dieser anhand entsprechender Unterlagen nachgewiesen werden kann.

In beiden Fällen ist der Verlustrücktrag jedoch auf 5.000.000 € bei Einzelveranlagung bzw. 10.000.000 € bei Zusammenveranlagung begrenzt.

Nach vergleichbaren Regelungen wie für die nachträgliche Anpassung der Vorauszahlungen für 2019 kann bei der Einkommensteuerveranlagung für 2019 nach § 111 EStG auch ein vorläufiger Verlustrücktrag für 2020 beansprucht werden.

2. Änderungen im Bereich des Umsatzsteuerrechts

 

Für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme von Getränken gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG der ermäßigte Umsatzsteuersatz (G1). Nachdem der ermäßigte Steuersatz befristet von 7 % auf 5 % gesenkt wurde (G2), bedeutet dies, dass Restaurantleistungen – ausgenommen Getränke – vom 1.7. bis 31.12.2020 einem Steuersatz von 5 %, vom 1.1. bis 30.6.2021 einem Steuersatz von 7 %, danach wieder von 19 % unterliegen.

Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wurde durch § 21 Abs. 3 UStG zwecks Liquiditätsverbesserung auf den 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats aufgeschoben (G2). Der Anwendungszeitpunkt der Regelung hängt von einem BMF-Schreiben ab, das ergehen soll, sobald die EDV-technischen Voraussetzungen vorliegen.

Parallel zur Herabsetzung des ermäßigten Steuersatzes von 7 % auf 5 % wurde der Regelsteuersatz von 19 % auf 16 % reduziert; ausgenommen von der Steuersatzsenkung sind Tabakwaren (G2). Beide Steuersatzsenkungen gelten nach § 28 Abs. 1, 2 UStG für jeden steuerpflichtigen Umsatz im zweiten Halbjahr 2020.

3. Änderungen im Bereich des Gewerbesteuerrechts

 

Der Freibetrag für gewerbesteuerliche Hinzurechnungstatbestände nach § 8 Abs. 1 GewStG wurde zeitlich unbefristet auf 200.000 € verdoppelt (G2). Dadurch soll verhindert werden, dass Gewerbesteuer infolge von Hinzurechnungen trotz ausbleibender Gewinne zu entrichten ist.

4. Änderungen im Bereich der Abgabenordnung

 

Corona-unabhängig sind zwei Änderungen in der Abgabenordnung zu sehen (G2):

  • Der neue § 375a AO ermöglicht es in Steuerhinterziehungsfällen, in denen Steueransprüche wegen Verjährung bereits erloschen sind, die Taterträge dennoch nach den Regelungen des Strafgesetzbuches einzuziehen. Diese Regelung gilt nach § 34 EGAO für alle am 1.7.2020 noch nicht verjährten Steueransprüche.
  • Für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung wird die Verfolgungsfrist durch § 376 Abs. 3 AO von zehn Jahren auf 25 Jahre erhöht. Diese Regelung soll letztlich verhindern, dass Cum-Ex-Verfahren an der Verjährung scheitern. Sie gilt für alle bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen.

Offen lässt die Finanzverwaltung jedoch, ab welchem Betrag eine Leasingsonderzahlung als außergewöhnlich hoch anzusehen ist.

Steuererklärungen bei Betrieb einer Photovoltaikanlage durch Ehegatten-GbR

 

Betreiben Ehegatten gemeinsam eine Photovoltaikanlage auf ihrem selbstgenutzten Haus, genügt es normalerweise, die Einkommensteuererklärung um die Anlagen G, EÜR und AVEÜR zu erweitern, darüber hinaus eine Gewerbesteuer- und eine Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt einzureichen. Eine Gewerbesteuererklärung entfällt nach § 3 Nr. 32 GewStG, wenn die Leistung der Anlage maximal 10 Kilowatt beträgt. Ebenfalls entbehrlich ist nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Abgabe einer „Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen über die Einkommensbesteuerung“, kurz einer sog. „Feststellungserklärung“.

Im Streitfall waren die Eheleute wie eingangs dargestellt verfahren, das Finanzamt hatte jedoch eine gesonderte Gewinnfeststellung vorgenommen, um finanzamtsintern unterschiedliche Zuständigkeiten von Sachbearbeitern sowie divergierende Ermittlungsergebnisse zu vermeiden. Diese Argumentation überzeugte den BFH nicht: Eine gesonderte Gewinnfeststellung kommt bei einer solchen Konstellation letztlich nur dann in Betracht, wenn Streit über die Höhe und Verteilung der Einkünfte besteht. Das gilt auch, wenn ein Sachbearbeiter des Finanzamts für die Gewinnermittlung, ein anderer Sachbearbeiter für die Umsatzsteuer der Photovoltaikanlage zuständig ist.

Keine Ermäßigung für haushaltsnahe Leistungen aus Abgeltungsteuer

 

Für den gesetzlich begünstigten Teil der Aufwendungen aus haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen sowie haushaltsnahen Dienst- und Handwerkerleistungen gewährt § 35a EStG eine Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer in Höhe eines jeweils vorgegebenen Prozentsatzes bzw. Höchstbetrags. Unter tariflicher Einkommensteuer ist der Steuerbetrag zu verstehen, der sich bei Anwendung des Einkommensteuertarifs nach § 32a EStG auf das zu versteuernde Einkommen ergibt. Der Abgeltungsteuer von 25 % unterworfene Kapitalerträge sowie bestimmte weitere Kapitalerträge werden nicht in das zu versteuernde Einkommen einbezogen. Die auf diese Kapitalerträge entfallende Abgeltungsteuer rechnet daher auch nicht zur tariflichen Einkommenensteuer. Das gilt auch dann, wenn Kapitalerträge in der Einkommensteuererklärung angesetzt werden mussten, weil sie bislang nicht dem Steuerabzug unterlegen haben, die Abgeltungsteuer also erst aufgrund der Einkommensteuererklärung veranlagt wurde.

Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst in einem Fall entschieden, in dem die der Regelbesteuerung unterliegenden Einkünfte der Klägerin im Saldo negativ waren, jedoch hohe Kapitalerträge vorlagen, die aufgrund der Günstigerprüfung der Abgeltungsteuer unterworfen wurden. Da keine tarifliche Einkommensteuer, sondern „nur“ Abgeltungsteuer in Höhe von 115.165 € angefallen war, wirkte sich die Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Höhe von hier 5.200 € letztlich nicht aus.

Keine außergewöhnliche Belastung infolge von Marder- oder Biberschäden

 

Rund 54.000 € wendete ein Ehepaar im Jahr 2015 auf, um das Dach des selbst bewohnten Einfamilienhauses sanieren zu lassen, nachdem dieses jahrelang immer wieder von Steinmardern heimgesucht worden war und Maßnahmen wie Vergrämung, Lebendfallen, Bewegungsmelder mit Lichtauslösung sowie Einsatz der Feuerwehr erfolglos geblieben waren. Konsequenzen waren erhebliche Verschmutzungen, eine Gesundheitsgefährdung und ein unerträglicher Geruch. Ebenso erfolglos blieb leider auch der Versuch, die Kosten für die Dachsanierung als außergewöhnliche Belastung abzusetzen. Denn das FG Hamburg sah die Aufwendungen im Zeitpunkt der Sanierung nicht als zwangsläufig an und begründete dies insbesondere folgendermaßen:

  • Die Situation habe sich über viele Jahre angebahnt, sie stelle daher keine „private Katastrophe“ dar.
  • Zum Umgang mit dem Marderproblern habe es Alternativen mit einem mutmaßlich anderen Ergebnis gegeben, nämlich die Änderung der Dachdeckung bereits nach dem ersten Marderbefall, regelmäßige und eng getaktete Kontroll- und Vergrämungsmaßnahmen unabhängig vom konkreten Befall bzw, regelmäßige halbjährliche oder jährliche Fachinspektionen.
  • Die Eheleute hätten Vorsorge treffen und Rücklagen bilden können, falls die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen sollten und eine Änderung der Dachdeckung erforderlich werden sollte.

Die Betroffenen haben gegen diese Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Dieses Rechtsmittel war in einem anderen, vom FG Köln entschiedenen Fall, in dem die Kosten für die Beseitigung von Biberschäden nicht als außergewölmliche Belastung anerkannt worden waren, erfolgreich gewesen. Dort hatten Biber ein Grundstück untergraben, was zum Absacken der Wege auf dem Grundstück sowie der Terrasse geführt, außerdem den Umsturz einer Esche ausgelöst hatte. Die Beseitigung der Schäden und die Errichtung einer Bibersperre kosteten rund 4.000 €, deren Abzug als außergewöhnliche Belastung das FG Köln ebenfalls verweigert hatte. Das FG räumte zwar ein, dass Kosten zur Beseitigung von Schäden an existenziell wichtigen Vermögensgegenständen zu außergewöhnlichen Belastungen führen können, dies hier aber nicht zutreffe, weil das Haus unbeschädigt geblieben sei und den Betroffenen auch ein Leben ohne Nutzung einer Terrasse und eines Gartens ohne weiteres möglich wäre.

Es bleibt abzuwarten, wie der BFH in diesen Fällen entscheiden wird. Bis dahin sollten Aufwendungen für die Beseitigung derartiger Schäden als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.

Kindergeld für erkranktes Kind ohne Ausbildungsplatz

 

Für Kinder besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres stets Anspruch auf Kindergeld. Wird diese Altersgrenze überschritten, müssen weitere Voraussetzungen erfüllt werden, damit auch darüber hinaus noch Kindergeld bezogen werden kann. Dazu zählen beispielsweise Berufsausbildung, eine Übergangszeit bis zu vier Monaten zwischen Ausbildungsabschnitten, die Suche nach einem Ausbildungsplatz und ein freiwilliges soziales bzw. ökologisches Jahr. Offen bleibt in diesem Zusammenhang, wie im Fall eines erkrankten, jedoch nicht behinderten Kindes zu verfahren ist.

Hierfür hat das FG Hamburg eine pragmatische Lösung gefunden, indem es entschieden hat, dass ein ausbildungswilliges, zeitweise erkranktes Kind, das sich wegen der Erkrankung nicht um einen Ausbildungsplatz bemühen kann, ebenso zu behandeln ist wie ein Kind, das sich ernsthaft, aber vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemüht. Anders als von den Familienkassen gefordert, soll in solchen Fällen auch keine vorab vorgelegte Erklärung des Kindes erforderlich sein, wonach dieses sich nach seiner Genesung zum nächstmöglichen Ausbildungstermin bewerben will. Die vom FG zugelassene Revision wurde von der Familienkasse eingelegt, da beim Bundesfmanzhof (BFH) bereits ähnliche Streitfälle anhängig sind.

Eltern, die einem Konflikt mit der Familienkasse von Vornherein aus dem Weg gehen wollen, sollten versuchen, die Anforderungen der Dienstanweisung zum Kindergeld zu erfüllen. Danach besteht ein Anspruch auf Kindergeld auch für ein Kind, das krankheitsbedingt keinen Ausbildungsplatz suchen bzw. eine Ausbildung nicht fortsetzen kann. Die Fortzahlung des Kindergelds erfordert dann, dass die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende durch den behandelnden Arzt bescheinigt werden. Diese Bescheinigung ist jeweils nach Ablauf von sechs Monaten zu erneuern. Ist eine Genesung nicht absehbar, soll geprüft werden, ob das Kindergeld wegen einer Behinderung gewährt werden kann. Sofern das Kind nicht bereits vor der Erkrankung wegen der Suche nach einem Ausbildungsplatz berücksichtigt wurde, muss es seinen Willen, nach Wegfall der Hinderungsgründe einen Ausbildungsplatz zu suchen, schriftlich gegenüber der Familienkasse erklären. Die Familienkasse stellt dabei auf den Eingang dieser Erklärung ab.

Befreiung von der Belegausgabepflicht nur in nachweisbaren Härtefällen

 

Betriebe, die ein elektronisches Kassensystem verwenden, sind seit Jahresbeginn nach § 164a Abs. 2 AO dazu verpflichtet, jedem Kunden einen Beleg über seinen Kauf auszuhändigen. Eine Befreiung von dieser Belegausgabepflicht durch die Finanzbehörden ist auf Antrag möglich, wenn Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen verkauft werden, setzt aber nach § 148 AO voraus, dass die Belegausgabe eine unzumutbare Härte mit sich bringt und die Besteuerung durch den Verzicht auf Belege nicht beeinträchtigt wird.

Solche unzumutbaren Härten vermochte das FG Sachsen in einer aktuellen Entscheidung über den Befreiungsantrag einer in einem Hauptbahnhof betriebenen Bäckereifiliale allerdings nicht zu erkennen. Nach Auffassung des FG kann die Zumutbarkeitsgrenze zwar erreicht sein, wenn die Belegausgabe den Betriebsablauf wesentlich verzögert oder erschwert. Bloße Erschwerungen oder Kostennachteile sind jedoch nicht unzumutbar. Das gilt auch dann, wenn der Betriebsablauf durch die Ausgabe der Belege und die Entsorgung nicht angenommener Belege verzögert wird, was wiederum dazu führt, dass Kunden nicht rechtzeitig bedient werden können und die Filiale ohne Kauf verlassen, entsprechende Umsatzeinbußen jedoch nicht exakt beziffert werden können. Letztlich müsste der Betreiber der Filiale eine wirtschaftliche Notlage infolge der Belegausgabepflicht glaubhaft machen können, um auf dem Weg einer einstweiligen Anordnung davon befreit zu werden.

Aufladung eines betrieblichen Elektro- oder Hybridfahrzeugs an der heimischen Steckdose

 

Aufwendungen für die Aufladung eines betrieblichen Elektro- oder Hybridfahrzeugs an einer privaten Steckdose in Form der Stromkosten und des anteiligen Grundpreises können als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Der betriebliche Anteil an den privaten Stromkosten kann dabei anhand eines stationären oder mobilen Stromzählers nachgewiesen werden, wobei es nach einem Erlass des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommem ausreicht, Aufzeichnungen für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten zu führen. Alternativ ist eine sachgerechte Schätzung zulässig. Vereinfachend kann der Stromverbrauch auch mit den lohnsteuerlichen Pauschalen angesetzt werden. Diese zumindest bis zum 31.12.2020 geltenden Pauschalen betragen

  • bei zusätzlicher Lademöglichkeit im Betrieb bei Elektrofahrzeugen 20,00 € bzw. bei Hybridfahrzeugen 10,00 € monatlich;
  • ohne zusätzliche Lademöglichkeit im Betrieb bei Elektrofahrzeugen 50,00 € bzw. bei Hybridfahrzeugen 25,00 € monatlich.

Zu beachten ist hierbei, dass der Vorsteuerabzug aus den Stromkosten nur dann möglich ist, wenn der Inhaber des Betriebs, zu dessen Betriebsvermögen das Fahrzeug gehört, mit der Person identisch ist, die Vertragspartner und Rechnungsempfänger des Stromversorgers ist.

 

Sehr verehrte Damen,

 

sehr geehrte Herren,inach den Gesetzesänderungen zum Jahreswechsel bestimmt die Rechtsprechung wieder unsere Mandanteninfo. Die Gerichte mussten sich mit vielfältigen alltagsnahen Sachverhalten unter steuerlichen Aspekten befassen, etwa einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit, dem nicht geplanten Studienverlauf eines Kindes, einem Fehler in der Steuererklärung für das Vorjahr und der Übernahme der Pflegekosten für einen Eltemteil – meist zugunsten der Steuerpflichtigen.

 

Mit freundlicher Empfehlung und den besten Grüßen

 

Lerner Lachenmaier & Partner

 

Die nachstehenden Informationen werden unverlangt erteilt.
Sie erfolgen unter Ausschluß einer Rechtspflicht zur Fortsetzung und Haftung.

 

Kompliziert: Voller Schuldzinsenabzug bei teils vermieteter, teils selbst genutzter Immobilie

 

Wer eine Immobilie kauft oder baut und anschließend komplett vermietet, kann die aus der Finanzierung der Investition resultierenden Schuldzinsen in voller Höhe als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften absetzen. Wird die Immobilie mit Eigen- sowie Fremdkapital finanziert und teils vermietet, teils selbst genutzt, müssen die Schuldzinsen aufgeteilt werden, sofern nicht der Nachweis gelingt, dass das Fremdkapital ausschließlich für den vermieteten Teil der Immobilie verwendet wurde.

Diese sich bereits aus älterer Rechtsprechung ergebenden Grundsätze hat der Bundesfinanzhof (BFH) vor Kurzem bestätigt und dahingehend ergänzt, dass sie auch dann gelten, wenn ein Mehrfamilienhaus in Eigentumswohnungen aufgeteilt und eine der – sonst vermieteten – Wohnungen noch in der Bauphase veräußert wird. Geklagt hatte ein Ehepaar, das für knapp 90.000 Euro ein Grundstück erworben und für rund 432.000 Euro darauf ein Dreifamilienhaus samt Außenanlagen errichtet hatte. Der Grundstückskauf wurde in voller Höhe per Darlehen finanziert, zur Finanzierung der Herstellungskosten ein weiteres Darlehen über 160.000 Euro aufgenommen. Alle Mittel flossen auf ein Baukonto, über welches die Handwerkerrechnungen gezahlt wurden. Eine Aufteilung der Herstellungskosten auf die drei Einheiten wurde nicht vorgenommen.

Während die Eheleute die Schuldzinsen in voller Höhe als Werbungskosten in Zusammenhang mit den beiden vermieteten Wohnung geltend machten, ließ das Finanzamt den Abzug nur nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu. FG und BFH folgten dem, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Schuldzinsen mit den Herstellungskosten der beiden vermieteten Wohnungen nicht vorlag, nachdem Eigen- und Fremdkapital sowie die Kaufpreisraten auf dem einheitlichen Baukonto vermischt und die Herstellungskosten davon bezahlt worden waren. Sieht man von der Fremdfinanzierung des Grundstücks ab, hätten die Eheleute den vollen Schuldzinsenabzug erreichen können, wenn

  • zwei Baukonten eingerichtet, anschließend das Eigenkapital sowie die Kaufpreisraten auf das Konto 1 und die Darlehensmittel auf das Konto 2 überwiesen worden wären;
  • auf allen Handwerkerrechnungen vermerkt worden wäre, auf welche der drei Wohnungen sie sich beziehen;
  • die Handwerkerrechnungen für die beiden vermieteten Wohnungen ausschließlich über das Konto 2 und diejenigen für die veräußerte Wohnung allein über das Konto 1 gezahlt worden wären.

Entfällt das Fremdkapital danach komplett auf die einzeln zurechenbaren Herstellungskosten der beiden Mietwohnungen, können nur aufteilbare Kosten, wie etwa für Dach, Verputz und Anstrich über das Eigenkapitalkonto gezahlt werden. Entsprechend kann verfahren werden, wenn die Bauherren einen Teil des Gebäudes selbst beziehen.

Abzugsfähig: Krankheitskosten nach Unfall bei Fahrt zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte

 

Arbeitnehmer können Aufwendungen für Fahrten mit ihrem Pkw zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 Euro/km als Werbungskosten geltend machen. Mit der Entfernungspauschale sind nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch derartige Fahrten veranlasst sind. Allerdings gilt diese Beschränkung nach einer neuen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht für Krankheitskosten infolge eines Unfalls anlässlich einer solchen Fahrt.

Erstritten wurde das Urteil von einer Arbeitnehmerin, die bei einem Wegeunfall schwere Verletzungen im Gesicht und an der Nase erlitten hatte. Die Berufsgenossenschaft hatte die Kosten nur in Höhe der Fallpauschale für eine Operation übernommen, darüber hinausgehende Operationskosten, Kosten für weitere Behandlungen sowie behandlungsbedingte Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 2.402 Euro musste die Arbeitnehmerin selbst tragen. Der BFH hat dazu klargestellt, dass die Entfernungspauschale nur fahrzeug- und wegstreckenbezogene Mobilitätskosten abgilt, nicht aber Kosten infolge von Personenschäden; diese sind zusätzlich als Werbungskosten abzugsfähig.

Selbst die Finanzverwaltung zeigt sich abweichend vom Gesetzeswortlaut grosszügiger als das Finanzamt und -gericht im vorliegenden Fall, indem sie in H 9.10 LStH unter „Unfallschäden“ in Form einer Billigkeitsregelung aufführt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für die Beseitigung von Sachschäden nach einem Pkw-Unfall als Werbungskosten neben der Entfernungspauschale abzugsfähig sind. Eine solche Verwaltungsanweisung bindet zwar die Finanzgerichte nicht, eigentlich aber die Finanzämter.

Ehegatten: Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen bei Einzelveranlagung

 

Eheleute können alljährlich wählen, ob sie sich einzeln oder gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagen lassen und sich damit für die jeweils günstigere Alternative entscheiden. Im Fall der Einzelveranlagung ist ein weiteres Wahlrecht zu beachten: Grundsätzlich werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen sowie für energetische Sanierungen dem Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf übereinstimmenden Antrag der Eheleute können diese Aufwendungen jedoch auch jeweils hälftig abgezogen werden.

Für die letztgenannte Variante hatte sich ein Ehepaar aus Baden-Württemberg entschieden. Anders als von diesen erwartet, rechnete das Finanzamt die Vorsorgeaufwendungen jedoch nicht hälftig den Eheleuten zu, um anschließend Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung durchzuführen, sondern führte diese Berechnungen zuerst durch und verteilte danach den sich ergebenden abzugsfähigen Betrag hälftig auf beide. Infolgedessen fiel der Sonderausgabenabzug der Ehefrau um 2.050 Euro niedriger aus als berechnet.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem widersprochen und entschieden, dass Abzugsbeträge etc. stets zunächst hälftig aufzuteilen sind. Erst in einem zweiten Schritt ist dann die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen zu prüfen. Dies leitet der BFH insbesondere aus dem Wortlaut der Regelung in § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ab. Dem stehen weder das Ziel der Steuervereinfachung noch das Prinzip der Individualbesteuerung entgegen.

Das Urteil hat nicht nur Auswirkungen auf den Abzug von Sonderausgaben, sondern auch auf den von außergewöhnlichen Belastungen. Erst nach deren Aufteilung auf die Eheleute ist anhand des jeweiligen Gesamtbetrags der Einkünfte zu prüfen, ob diese Aufwendungen sich angesichts der zumutbaren Belastung des einzelnen Ehegatten auswirken. Im Übrigen ist der BFH bereits in einer älteren Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass auch ein Behinderten-Pauschbetrag eines Ehegatten hälftig auf die Eheleute aufgeteilt werden kann.

Kindergeld: Änderung des Studienverlaufs bei mehraktiger einheitlicher Erstausbildung

 

Solange ein Kind das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und sich u.a. in erstmaliger Berufsausbildung befindet, haben die Eltern Anspruch auf Kindergeld. Eine Erstausbildung liegt auch dann vor, wenn sie sich aus mehreren zusammenhängenden Ausbildungsabschnitten zusammensetzt. Nach Abschluss der Erstausbildung bleibt der Kindergeldanspruch bis zum Erreichen der Altersgrenze bestehen, sofern das Kind eine Zweitausbildung absolviert, gleichzeitig aber nicht an mehr als 20 Stunden pro Woche erwerbstätig ist.

Mit einem in diesem Zusammenhang häufig auftretenden Abgrenzungsproblem musste sich jüngst der Bundesfinanzhof (BFH) auseinandersetzen. Ein im Dezember 1992 geborenes Kind hatte nach dem Abitur bis Januar 2015 eine Banklehre absolviert. Schon im April 2014 hatte es sich um einen Studienplatz am Bankkolleg des Genossenschaftsverbands bemüht, um Bankfachwirt zu werden. Da dieser Studiengang nicht zustande kam, folgte im Juni 2015 eine Bewerbung für einen Onlinestudiengang Betriebswirtschaftslehre, der im September 2015 aufgenommen wurde. Seit Abschluss der Lehre war das Kind voll erwerbstätig.

Den Antrag des Vaters, ab September 2015 wieder Kindergeld zu gewähren, lehnte die Familienkasse ab. Ebenso wies das FG die dagegen gerichtete Klage ab, weil wegen der Umorientierung hinsichtlich des Studiengangs keine einheitliche Erstausbildung vorliege und die volle Erwerbstätigkeit während der Zweitausbildung dem Kindergeld entgegenstehe. Der BFH folgte dem nicht: Hier ist nach seiner Auffassung ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen beiden Ausbildungsabschnitten gegeben. Der zeitliche Zusammenhang resultiert bereits aus der Bewerbung um einen Studienplatz am Bankkolleg während der Lehre, die anschließende Verzögerung und Umorientierung hat das Kind nicht zu vertreten. Weiterhin stehen eine Banklehre und ein BWL-Studium in einern ausreichenden fachlichen Zusammenhang zueinander.

Der BFH hat die Sache allerdings an das FG zurückverwiesen, weil wegen der Parallelität von Erwerbstätigkeit und Studium noch geklärt werden muss, ob eine Erstausbildung oder eine berufsbegleitende Weiterbildung vorliegt. Dies richtet sich insbesondere nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses, der geforderten Qualifikation und der Abstimmung der Arbeits- und Studienzeiten.

Private Kfz-Nutzung (1): Widerlegung durch gleichwertigen privaten Pkw

 

Unternehmer, zu deren Betriebsvermögen ein Pkw gehört, müssen den aus Privatfahrten resultierenden Nutzungswert dem Ergebnis des Unternehmens hinzurechnen. Dieser Zuschlag lässt sich nur dann vermeiden, wenn das Fahrzeug ausschließlich betrieblich genutzt wurde. Als Nachweis dafür akzeptieren die Finanzämter im Regelfall nur ein akribisch geführtes Fahrtenbuch. Denn sie gehen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon aus, dass ein Firmenwagen auch privat gefahren wird. Dieser Anscheinsbeweis, kann – ohne Fahrtenbuch – erschüttert werden, wenn dem Unternehmer ein nach Gebrauchswert und Status zumindest gleichwertiges Privatfahrzeug zur Verfügung steht. Mit der Frage, wann dies der Fall ist, hat sich das FG Niedersachsen befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass unter

  • Gebrauchswert „der Wert einer Sache hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit, ihrer Eignung für bestimmte Funktionen und Zwecke, mit anderen Worten der Nutzwert zu verstehen ist“. Dabei können Umstände wie Motorleistung, Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung berücksichtigt werden.
  • dem Aspekt des Status eines Fahrzeuges vor allem Prestigegesichtspunkte zu berücksichtigen sind.

Das Urteil wurde zugunsten des einzigen Gesellschafters einer im Baubereich tätigen GmbH & Co. KG gefällt, zu deren Betriebsvermögen ein Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet gehört, für den nach Auffassung der Betriebsprüfung mangels Fahrtenbuchs ein Nutzungswert anzusetzen war. Privat verfügte der Geschäftsführer im Streitjahr 2013 über einen Mercedes Benz C 280 T, der ihm zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stand. Obwohl der Mercedes bereits 1997 zugelassen worden war und eine hohe Laufleistung aufwies, stufte das FG ihn als gleichwertig mit dem 2012 zugelassenen Fiat-Kastenwagen ein. Alter und Tachostand des Mercedes wurden letztlich ausgeglichen durch den höheren Anschaffungspreis, mehr Hubraum, mehr PS und die größere Höchstgeschwindigkeit; auch der Status sprach für den Benz. Andererseits handelte es sich bei dem Fiat um den einzigen Pkw des Betriebs, der nahezu dauerhaft mit Werkzeug beladen war und zur Mitnahme von Mitarbeitern genutzt wurde.

Das FG hat keine Revision zugelassen, daher bleibt abzuwarten, ob das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde einlegen wird.

Private Kfz-Nutzung (2): Leasing, Kostendeckelung und 1 %-Methode

 

Insbesondere bei älteren, voll abgeschriebenen Fahrzeugen übersteigt der nach der 1 %-Methode ermittelte Nutzungswert für einen Firmenwagen häufig die tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten des betreffenden Wirtschaftsjahres. Für solche Fälle hat die Finanzverwaltung eine Billigkeitsregelung geschaffen, die sog. Kostendeckelung: Wird nachgewiesen, dass die tatsächlichen Kosten niedriger als der Nutzungswert laut 1 %-Methode sind, ist der Nutzungswert nur in Höhe der tatsächlichen Kosten anzusetzen.

Da diese Billigkeitsregelung jedoch keine gesetzliche Grundlage hat, vielmehr in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ausdrücklich geregelt wird, dass der Nutzungswert nur nach der 1 %-Methode oder mittels Fahrtenbuchs zu berechnen ist, besteht nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz kein Anspruch auf Anwendung der Kostendeckelung. Denn die Verwaltungspraxis führt letztlich zu einer nicht vorgesehenen Korrektur des Gesetzes und verstößt damit gegen das verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip. Ähnlich hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits zu einer anderen generellen Billigkeitsregelung entschieden.

Im Urteilsfall hätte die Kostendeckelung nach Auffassung des FG jedoch ohnehin nicht gegriffen. Der betroffene, seinen Gewinn durch Einnahrnen-Überschussrechnung ermittelnde Einzelunternehmer hatte den Firmenwagen geleast, die Sondervorauszahlung bereits im Vorjahr geleistet, zwecks Ermittlung der Kraftfahrzeugkosten aber nicht über den Gesamtleasingzeitraum verteilt. Eine derartige Verteilung ist aber laut FG zwingend, da einerseits auf die Gesamtkosten abzustellen ist, dies andererseits zwischenzeitlich auch von der Finanzverwaltung gefordert wird. Hierzu verweist das FG auf die bereits in unserer Mandanteninfo 9/19 vorgestellte Verfügung der Finanzbehörden Hamburgs.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, sodass der BFH sich sowohl zur Billigkeitsregelung wie auch zur Berücksichtigung von Leasingsonderzahlungen äußern wird. Insbesondere Fahrer älterer Fahrzeuge sollten sich daher vorsorglich mit einern Fahrtenbuch anfreunden, falls der BFH sich weniger grosszügig als die Finanzverwaltung zeigt.

Korrektur: Offenbare Unrichtigkeit mangels Ansatzes eines Verlusts in der Steuererklärung

 

Ein Steuerbescheid wird einen Monat nach seiner Bekanntgabe bestandskräftig und kann danach nur noch dann geändert werden, wenn eine der Korrekturvorschriften der Abgabenordnung dies zulässt. Zu diesen Korrekturvorschriften gehört § 129 AO, wonach das Finanzamt Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass des Bescheids unterlaufen sind, berichtigen kann bzw. bei berechtigtem Interesse des Steuerpflichtigen berichtigen muss. Dies gilt für Fehler des Finanzamts wie auch für Fehler des Steuerpflichtigen, die das Finanzamt übernommen hat, obwohl sie erkennbar waren.

Erkennen musste das Finanzamt nach Ansicht des FG Niedersachsen, dass ein Ehepaar beim Ausfüllen der Einkommensteuererklärung einen Verlust aus Aktiengeschäften versehentlich nicht eingetragen hatte, denn die Eheleute hatten eigens eine Verlustbescheinigung bei der depotführenden Bank beantragt. Die Steuererklärung war ohne Verlusteintrag elektronisch an das Finanzamt übermittelt und dort vollelektronisch bearbeitet, anschließend ein erklärungsgemäßer Bescheid erlassen worden. Den Fehler hatten die Eheleute erst bei der Erstellung der Steuererklärung für das Folgejahr bemerkt und darauf eine Berichtigung beantragt.

Die offenbare Unrichtigkeit resultierte laut FG daraus, dass die Eheleute den Verlust entweder versehentlich nicht erfasst hatten oder der erfasste Betrag nicht in die Steuererklärung übernommen worden war. Rechtliche Gründe, die gegen die Geltendmachung des Verlusts gesprochen und eine Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeit ausgeschlossen hätten, waren nicht ersichtlich. Diesen Fehler hatte das Finanzamt übernommen; er war für das Finanzamt bei der Veranlagung auch erkennbar, weil ihm die Steuer- und Verlustbescheinigungen vorgelegen hatten. Dies haben die Eheleute überzeugend vorgetragen, obwohl sie laut elektronischer Steuererklärung angegeben hatten, keine Papierbelege einzureichen. Darauf, dass das Finanzamt die Belege angesichts der vollelektronischen Veranlagung nicht inhaltlich geprüft hatte, karn es danach nicht mehr an.

Hätten die Eheleute keine Belege in Papierform eingereicht, wäre das Urteil höchstwahrscheinlich nicht zu ihren Gunsten ausgefallen. Auch wenn die Finanzverwaltung papierlose Steuerklärungen wünscht und sich die spätere Anforderung von Belegen vorbehält, ist es ratsam, die Belege zeitnah zur elektronisch übermittelten Steuererklärung einzureichen, aus Nachweisgründen am besten mit einem Begleitschreiben, in dem detailliert aufgelistet wird, welche Dokumente übersandt wurden.

Fraglich: Steuerermäßigung bei Übernahme von Pflegekosten für Angehörige in Dritthaushalt

 

Die Steuerermäßigung bei Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen gemäß § 35a EStG von bis zu 4.000 Euro pro Jahr erstreckt sich nach Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift u.a. auf Pflege- und Betreuungsleistungen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann sie sowohl von dem Pflegebedürftigen selbst als auch von einer anderen Person, die für die Pflege- oder Betreuungsleistung aufkommt, beansprucht werden, sofern die Leistungen in ihrem Haushalt oder dem des Pflegebedürftigen erbracht wurden.

Diese recht grosszügige Auslegung des BMF hinsichtlich des Haushalts ist zwar praxisgerecht, vom FG BerlinBrandenburg jedoch abgelehnt worden. Das FG musste über einen häufiger vorkommenden Fall entscheiden, in dem eine Seniorin in ihrem eigenen Haushalt lebte und ambulant gepflegt wurde, die Aufwendungen dafür aber angesichts einer geringen Rente von der rund 100 Kilometer entfernt lebenden Tochter getragen wurden. Nachdem der vorrangige Abzug von außergewöhnlichen Belastungen nicht in Betracht kam, hatte die Tochter die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beantragt. Diese wurde vorn Finanzamt jedoch abgelehnt, weil Rechnungsempfänger nicht die Tochter, sondern die Mutter war.

Dagegen ist es laut FG nicht erforderlich, dass eine derartige Rechnung auf den Rechnungsempfänger ausgestellt wird. Vielmehr genügt es, wenn der Rechnung der Leistungserbringer und der Leistungsempfänger zu entnehmen sind; zudem müssen Leistungsempfänger und Zahlender nicht identisch sein. Das FG versagte die Steuerermäßigung jedoch, weil die Leistung nicht im Haushalt der Tochter, sondern in dem der Mutter erbracht worden war; begünstigt seien nur Leistungen im Haushalt der Steuerpflichtigen, also der Tochter. Begründet wird dies letztlich mit der Gleichbehandlung aller haushaltsnahen Dienstleistungen, die sonst nur dann begünstigt sind, wenn sie im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wurden. Angesichts der nicht eindeutigen gesetzlichen Regelung und der großen praktischen Bedeutung hat das FG die Revision zugelassen. Der Bundesfinanzhof (BFH) wird sich daher mir der Frage der Rechnungstellung und der des Haushalts auseinandersetzen müssen.

Nachtrag (1): Erneut Revision wegen aktiver Rechnungsabgrenzung bei geringer Bedeutung

 

Bereits in unserer Mandanteninfo 6/19 wurde auf ein Urteil des FG BadenWürttemberg verwiesen, das bilanzierenden Steuerpflichtigen ein Wahlrecht bei der Bildung aktiver Rechnungsabgrenzungsposten bei Beträgen von geringer Bedeutung eingeräumt hatte. Seinerzeit war die aus Gründen der Rechtssicherheit begrüssenswerte Revision des Finanzamts als unzulässig zurückgewiesen worden. In einem weiteren Urteil zu dieser Frage hat das FG daran festgehalten, dass die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungsposten unterbleiben kann, wenn der Wert der einzelnen Position die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter – von im Streitjahr 410 Euro – nicht überschreitet. Hiergegen wurde wiederum Revision eingelegt.

Nachtrag (2): Steuerfreie Veräußerung selbst genutzter Immobilien

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich der in unserer Mandanteninfo 6/19 dargestellten Auffassung des FG Baden- Württemberg angeschlossen, wonach die kurzzeitige Vermietung einer bis dahin selbst genutzten Eigentumswohnung im Veräußerungsjahr nicht dazu führt, dass der Veräußerungsgewinn zu versteuern ist. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist allein die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken über einen zusammenhängenden, sich über drei Kalenderjahre erstreckenden Zeitraum. Davon ist auszugehen, wenn eine Immobilie z.B. vorn 31.12.2018 bis 1.1.2020 bewohnt wurde. Eine Vermietung und Veräußerung in 2020 ist dann unschädlich, die Veräußerung in 2021 würde dagegen zur Steuerpflicht führen, sofern der Zehnjahreszeitraum noch nicht abgelaufen ist.