Sehr verehrte Damen,

 

sehr geehrte Herren,inach den Gesetzesänderungen zum Jahreswechsel bestimmt die Rechtsprechung wieder unsere Mandanteninfo. Die Gerichte mussten sich mit vielfältigen alltagsnahen Sachverhalten unter steuerlichen Aspekten befassen, etwa einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit, dem nicht geplanten Studienverlauf eines Kindes, einem Fehler in der Steuererklärung für das Vorjahr und der Übernahme der Pflegekosten für einen Eltemteil – meist zugunsten der Steuerpflichtigen.

 

Mit freundlicher Empfehlung und den besten Grüßen

 

Lerner Lachenmaier & Partner

 

Die nachstehenden Informationen werden unverlangt erteilt.
Sie erfolgen unter Ausschluß einer Rechtspflicht zur Fortsetzung und Haftung.

 

Kompliziert: Voller Schuldzinsenabzug bei teils vermieteter, teils selbst genutzter Immobilie

 

Wer eine Immobilie kauft oder baut und anschließend komplett vermietet, kann die aus der Finanzierung der Investition resultierenden Schuldzinsen in voller Höhe als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften absetzen. Wird die Immobilie mit Eigen- sowie Fremdkapital finanziert und teils vermietet, teils selbst genutzt, müssen die Schuldzinsen aufgeteilt werden, sofern nicht der Nachweis gelingt, dass das Fremdkapital ausschließlich für den vermieteten Teil der Immobilie verwendet wurde.

Diese sich bereits aus älterer Rechtsprechung ergebenden Grundsätze hat der Bundesfinanzhof (BFH) vor Kurzem bestätigt und dahingehend ergänzt, dass sie auch dann gelten, wenn ein Mehrfamilienhaus in Eigentumswohnungen aufgeteilt und eine der – sonst vermieteten – Wohnungen noch in der Bauphase veräußert wird. Geklagt hatte ein Ehepaar, das für knapp 90.000 Euro ein Grundstück erworben und für rund 432.000 Euro darauf ein Dreifamilienhaus samt Außenanlagen errichtet hatte. Der Grundstückskauf wurde in voller Höhe per Darlehen finanziert, zur Finanzierung der Herstellungskosten ein weiteres Darlehen über 160.000 Euro aufgenommen. Alle Mittel flossen auf ein Baukonto, über welches die Handwerkerrechnungen gezahlt wurden. Eine Aufteilung der Herstellungskosten auf die drei Einheiten wurde nicht vorgenommen.

Während die Eheleute die Schuldzinsen in voller Höhe als Werbungskosten in Zusammenhang mit den beiden vermieteten Wohnung geltend machten, ließ das Finanzamt den Abzug nur nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu. FG und BFH folgten dem, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Schuldzinsen mit den Herstellungskosten der beiden vermieteten Wohnungen nicht vorlag, nachdem Eigen- und Fremdkapital sowie die Kaufpreisraten auf dem einheitlichen Baukonto vermischt und die Herstellungskosten davon bezahlt worden waren. Sieht man von der Fremdfinanzierung des Grundstücks ab, hätten die Eheleute den vollen Schuldzinsenabzug erreichen können, wenn

  • zwei Baukonten eingerichtet, anschließend das Eigenkapital sowie die Kaufpreisraten auf das Konto 1 und die Darlehensmittel auf das Konto 2 überwiesen worden wären;
  • auf allen Handwerkerrechnungen vermerkt worden wäre, auf welche der drei Wohnungen sie sich beziehen;
  • die Handwerkerrechnungen für die beiden vermieteten Wohnungen ausschließlich über das Konto 2 und diejenigen für die veräußerte Wohnung allein über das Konto 1 gezahlt worden wären.

Entfällt das Fremdkapital danach komplett auf die einzeln zurechenbaren Herstellungskosten der beiden Mietwohnungen, können nur aufteilbare Kosten, wie etwa für Dach, Verputz und Anstrich über das Eigenkapitalkonto gezahlt werden. Entsprechend kann verfahren werden, wenn die Bauherren einen Teil des Gebäudes selbst beziehen.

Abzugsfähig: Krankheitskosten nach Unfall bei Fahrt zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte

 

Arbeitnehmer können Aufwendungen für Fahrten mit ihrem Pkw zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 Euro/km als Werbungskosten geltend machen. Mit der Entfernungspauschale sind nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch derartige Fahrten veranlasst sind. Allerdings gilt diese Beschränkung nach einer neuen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht für Krankheitskosten infolge eines Unfalls anlässlich einer solchen Fahrt.

Erstritten wurde das Urteil von einer Arbeitnehmerin, die bei einem Wegeunfall schwere Verletzungen im Gesicht und an der Nase erlitten hatte. Die Berufsgenossenschaft hatte die Kosten nur in Höhe der Fallpauschale für eine Operation übernommen, darüber hinausgehende Operationskosten, Kosten für weitere Behandlungen sowie behandlungsbedingte Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 2.402 Euro musste die Arbeitnehmerin selbst tragen. Der BFH hat dazu klargestellt, dass die Entfernungspauschale nur fahrzeug- und wegstreckenbezogene Mobilitätskosten abgilt, nicht aber Kosten infolge von Personenschäden; diese sind zusätzlich als Werbungskosten abzugsfähig.

Selbst die Finanzverwaltung zeigt sich abweichend vom Gesetzeswortlaut grosszügiger als das Finanzamt und -gericht im vorliegenden Fall, indem sie in H 9.10 LStH unter „Unfallschäden“ in Form einer Billigkeitsregelung aufführt, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für die Beseitigung von Sachschäden nach einem Pkw-Unfall als Werbungskosten neben der Entfernungspauschale abzugsfähig sind. Eine solche Verwaltungsanweisung bindet zwar die Finanzgerichte nicht, eigentlich aber die Finanzämter.

Ehegatten: Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen bei Einzelveranlagung

 

Eheleute können alljährlich wählen, ob sie sich einzeln oder gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagen lassen und sich damit für die jeweils günstigere Alternative entscheiden. Im Fall der Einzelveranlagung ist ein weiteres Wahlrecht zu beachten: Grundsätzlich werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen sowie für energetische Sanierungen dem Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf übereinstimmenden Antrag der Eheleute können diese Aufwendungen jedoch auch jeweils hälftig abgezogen werden.

Für die letztgenannte Variante hatte sich ein Ehepaar aus Baden-Württemberg entschieden. Anders als von diesen erwartet, rechnete das Finanzamt die Vorsorgeaufwendungen jedoch nicht hälftig den Eheleuten zu, um anschließend Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung durchzuführen, sondern führte diese Berechnungen zuerst durch und verteilte danach den sich ergebenden abzugsfähigen Betrag hälftig auf beide. Infolgedessen fiel der Sonderausgabenabzug der Ehefrau um 2.050 Euro niedriger aus als berechnet.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem widersprochen und entschieden, dass Abzugsbeträge etc. stets zunächst hälftig aufzuteilen sind. Erst in einem zweiten Schritt ist dann die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen zu prüfen. Dies leitet der BFH insbesondere aus dem Wortlaut der Regelung in § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ab. Dem stehen weder das Ziel der Steuervereinfachung noch das Prinzip der Individualbesteuerung entgegen.

Das Urteil hat nicht nur Auswirkungen auf den Abzug von Sonderausgaben, sondern auch auf den von außergewöhnlichen Belastungen. Erst nach deren Aufteilung auf die Eheleute ist anhand des jeweiligen Gesamtbetrags der Einkünfte zu prüfen, ob diese Aufwendungen sich angesichts der zumutbaren Belastung des einzelnen Ehegatten auswirken. Im Übrigen ist der BFH bereits in einer älteren Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass auch ein Behinderten-Pauschbetrag eines Ehegatten hälftig auf die Eheleute aufgeteilt werden kann.

Kindergeld: Änderung des Studienverlaufs bei mehraktiger einheitlicher Erstausbildung

 

Solange ein Kind das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und sich u.a. in erstmaliger Berufsausbildung befindet, haben die Eltern Anspruch auf Kindergeld. Eine Erstausbildung liegt auch dann vor, wenn sie sich aus mehreren zusammenhängenden Ausbildungsabschnitten zusammensetzt. Nach Abschluss der Erstausbildung bleibt der Kindergeldanspruch bis zum Erreichen der Altersgrenze bestehen, sofern das Kind eine Zweitausbildung absolviert, gleichzeitig aber nicht an mehr als 20 Stunden pro Woche erwerbstätig ist.

Mit einem in diesem Zusammenhang häufig auftretenden Abgrenzungsproblem musste sich jüngst der Bundesfinanzhof (BFH) auseinandersetzen. Ein im Dezember 1992 geborenes Kind hatte nach dem Abitur bis Januar 2015 eine Banklehre absolviert. Schon im April 2014 hatte es sich um einen Studienplatz am Bankkolleg des Genossenschaftsverbands bemüht, um Bankfachwirt zu werden. Da dieser Studiengang nicht zustande kam, folgte im Juni 2015 eine Bewerbung für einen Onlinestudiengang Betriebswirtschaftslehre, der im September 2015 aufgenommen wurde. Seit Abschluss der Lehre war das Kind voll erwerbstätig.

Den Antrag des Vaters, ab September 2015 wieder Kindergeld zu gewähren, lehnte die Familienkasse ab. Ebenso wies das FG die dagegen gerichtete Klage ab, weil wegen der Umorientierung hinsichtlich des Studiengangs keine einheitliche Erstausbildung vorliege und die volle Erwerbstätigkeit während der Zweitausbildung dem Kindergeld entgegenstehe. Der BFH folgte dem nicht: Hier ist nach seiner Auffassung ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen beiden Ausbildungsabschnitten gegeben. Der zeitliche Zusammenhang resultiert bereits aus der Bewerbung um einen Studienplatz am Bankkolleg während der Lehre, die anschließende Verzögerung und Umorientierung hat das Kind nicht zu vertreten. Weiterhin stehen eine Banklehre und ein BWL-Studium in einern ausreichenden fachlichen Zusammenhang zueinander.

Der BFH hat die Sache allerdings an das FG zurückverwiesen, weil wegen der Parallelität von Erwerbstätigkeit und Studium noch geklärt werden muss, ob eine Erstausbildung oder eine berufsbegleitende Weiterbildung vorliegt. Dies richtet sich insbesondere nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses, der geforderten Qualifikation und der Abstimmung der Arbeits- und Studienzeiten.

Private Kfz-Nutzung (1): Widerlegung durch gleichwertigen privaten Pkw

 

Unternehmer, zu deren Betriebsvermögen ein Pkw gehört, müssen den aus Privatfahrten resultierenden Nutzungswert dem Ergebnis des Unternehmens hinzurechnen. Dieser Zuschlag lässt sich nur dann vermeiden, wenn das Fahrzeug ausschließlich betrieblich genutzt wurde. Als Nachweis dafür akzeptieren die Finanzämter im Regelfall nur ein akribisch geführtes Fahrtenbuch. Denn sie gehen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon aus, dass ein Firmenwagen auch privat gefahren wird. Dieser Anscheinsbeweis, kann – ohne Fahrtenbuch – erschüttert werden, wenn dem Unternehmer ein nach Gebrauchswert und Status zumindest gleichwertiges Privatfahrzeug zur Verfügung steht. Mit der Frage, wann dies der Fall ist, hat sich das FG Niedersachsen befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass unter

  • Gebrauchswert „der Wert einer Sache hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit, ihrer Eignung für bestimmte Funktionen und Zwecke, mit anderen Worten der Nutzwert zu verstehen ist“. Dabei können Umstände wie Motorleistung, Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung berücksichtigt werden.
  • dem Aspekt des Status eines Fahrzeuges vor allem Prestigegesichtspunkte zu berücksichtigen sind.

Das Urteil wurde zugunsten des einzigen Gesellschafters einer im Baubereich tätigen GmbH & Co. KG gefällt, zu deren Betriebsvermögen ein Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet gehört, für den nach Auffassung der Betriebsprüfung mangels Fahrtenbuchs ein Nutzungswert anzusetzen war. Privat verfügte der Geschäftsführer im Streitjahr 2013 über einen Mercedes Benz C 280 T, der ihm zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stand. Obwohl der Mercedes bereits 1997 zugelassen worden war und eine hohe Laufleistung aufwies, stufte das FG ihn als gleichwertig mit dem 2012 zugelassenen Fiat-Kastenwagen ein. Alter und Tachostand des Mercedes wurden letztlich ausgeglichen durch den höheren Anschaffungspreis, mehr Hubraum, mehr PS und die größere Höchstgeschwindigkeit; auch der Status sprach für den Benz. Andererseits handelte es sich bei dem Fiat um den einzigen Pkw des Betriebs, der nahezu dauerhaft mit Werkzeug beladen war und zur Mitnahme von Mitarbeitern genutzt wurde.

Das FG hat keine Revision zugelassen, daher bleibt abzuwarten, ob das Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde einlegen wird.

Private Kfz-Nutzung (2): Leasing, Kostendeckelung und 1 %-Methode

 

Insbesondere bei älteren, voll abgeschriebenen Fahrzeugen übersteigt der nach der 1 %-Methode ermittelte Nutzungswert für einen Firmenwagen häufig die tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten des betreffenden Wirtschaftsjahres. Für solche Fälle hat die Finanzverwaltung eine Billigkeitsregelung geschaffen, die sog. Kostendeckelung: Wird nachgewiesen, dass die tatsächlichen Kosten niedriger als der Nutzungswert laut 1 %-Methode sind, ist der Nutzungswert nur in Höhe der tatsächlichen Kosten anzusetzen.

Da diese Billigkeitsregelung jedoch keine gesetzliche Grundlage hat, vielmehr in § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ausdrücklich geregelt wird, dass der Nutzungswert nur nach der 1 %-Methode oder mittels Fahrtenbuchs zu berechnen ist, besteht nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz kein Anspruch auf Anwendung der Kostendeckelung. Denn die Verwaltungspraxis führt letztlich zu einer nicht vorgesehenen Korrektur des Gesetzes und verstößt damit gegen das verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip. Ähnlich hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits zu einer anderen generellen Billigkeitsregelung entschieden.

Im Urteilsfall hätte die Kostendeckelung nach Auffassung des FG jedoch ohnehin nicht gegriffen. Der betroffene, seinen Gewinn durch Einnahrnen-Überschussrechnung ermittelnde Einzelunternehmer hatte den Firmenwagen geleast, die Sondervorauszahlung bereits im Vorjahr geleistet, zwecks Ermittlung der Kraftfahrzeugkosten aber nicht über den Gesamtleasingzeitraum verteilt. Eine derartige Verteilung ist aber laut FG zwingend, da einerseits auf die Gesamtkosten abzustellen ist, dies andererseits zwischenzeitlich auch von der Finanzverwaltung gefordert wird. Hierzu verweist das FG auf die bereits in unserer Mandanteninfo 9/19 vorgestellte Verfügung der Finanzbehörden Hamburgs.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, sodass der BFH sich sowohl zur Billigkeitsregelung wie auch zur Berücksichtigung von Leasingsonderzahlungen äußern wird. Insbesondere Fahrer älterer Fahrzeuge sollten sich daher vorsorglich mit einern Fahrtenbuch anfreunden, falls der BFH sich weniger grosszügig als die Finanzverwaltung zeigt.

Korrektur: Offenbare Unrichtigkeit mangels Ansatzes eines Verlusts in der Steuererklärung

 

Ein Steuerbescheid wird einen Monat nach seiner Bekanntgabe bestandskräftig und kann danach nur noch dann geändert werden, wenn eine der Korrekturvorschriften der Abgabenordnung dies zulässt. Zu diesen Korrekturvorschriften gehört § 129 AO, wonach das Finanzamt Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass des Bescheids unterlaufen sind, berichtigen kann bzw. bei berechtigtem Interesse des Steuerpflichtigen berichtigen muss. Dies gilt für Fehler des Finanzamts wie auch für Fehler des Steuerpflichtigen, die das Finanzamt übernommen hat, obwohl sie erkennbar waren.

Erkennen musste das Finanzamt nach Ansicht des FG Niedersachsen, dass ein Ehepaar beim Ausfüllen der Einkommensteuererklärung einen Verlust aus Aktiengeschäften versehentlich nicht eingetragen hatte, denn die Eheleute hatten eigens eine Verlustbescheinigung bei der depotführenden Bank beantragt. Die Steuererklärung war ohne Verlusteintrag elektronisch an das Finanzamt übermittelt und dort vollelektronisch bearbeitet, anschließend ein erklärungsgemäßer Bescheid erlassen worden. Den Fehler hatten die Eheleute erst bei der Erstellung der Steuererklärung für das Folgejahr bemerkt und darauf eine Berichtigung beantragt.

Die offenbare Unrichtigkeit resultierte laut FG daraus, dass die Eheleute den Verlust entweder versehentlich nicht erfasst hatten oder der erfasste Betrag nicht in die Steuererklärung übernommen worden war. Rechtliche Gründe, die gegen die Geltendmachung des Verlusts gesprochen und eine Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeit ausgeschlossen hätten, waren nicht ersichtlich. Diesen Fehler hatte das Finanzamt übernommen; er war für das Finanzamt bei der Veranlagung auch erkennbar, weil ihm die Steuer- und Verlustbescheinigungen vorgelegen hatten. Dies haben die Eheleute überzeugend vorgetragen, obwohl sie laut elektronischer Steuererklärung angegeben hatten, keine Papierbelege einzureichen. Darauf, dass das Finanzamt die Belege angesichts der vollelektronischen Veranlagung nicht inhaltlich geprüft hatte, karn es danach nicht mehr an.

Hätten die Eheleute keine Belege in Papierform eingereicht, wäre das Urteil höchstwahrscheinlich nicht zu ihren Gunsten ausgefallen. Auch wenn die Finanzverwaltung papierlose Steuerklärungen wünscht und sich die spätere Anforderung von Belegen vorbehält, ist es ratsam, die Belege zeitnah zur elektronisch übermittelten Steuererklärung einzureichen, aus Nachweisgründen am besten mit einem Begleitschreiben, in dem detailliert aufgelistet wird, welche Dokumente übersandt wurden.

Fraglich: Steuerermäßigung bei Übernahme von Pflegekosten für Angehörige in Dritthaushalt

 

Die Steuerermäßigung bei Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen gemäß § 35a EStG von bis zu 4.000 Euro pro Jahr erstreckt sich nach Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift u.a. auf Pflege- und Betreuungsleistungen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kann sie sowohl von dem Pflegebedürftigen selbst als auch von einer anderen Person, die für die Pflege- oder Betreuungsleistung aufkommt, beansprucht werden, sofern die Leistungen in ihrem Haushalt oder dem des Pflegebedürftigen erbracht wurden.

Diese recht grosszügige Auslegung des BMF hinsichtlich des Haushalts ist zwar praxisgerecht, vom FG BerlinBrandenburg jedoch abgelehnt worden. Das FG musste über einen häufiger vorkommenden Fall entscheiden, in dem eine Seniorin in ihrem eigenen Haushalt lebte und ambulant gepflegt wurde, die Aufwendungen dafür aber angesichts einer geringen Rente von der rund 100 Kilometer entfernt lebenden Tochter getragen wurden. Nachdem der vorrangige Abzug von außergewöhnlichen Belastungen nicht in Betracht kam, hatte die Tochter die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beantragt. Diese wurde vorn Finanzamt jedoch abgelehnt, weil Rechnungsempfänger nicht die Tochter, sondern die Mutter war.

Dagegen ist es laut FG nicht erforderlich, dass eine derartige Rechnung auf den Rechnungsempfänger ausgestellt wird. Vielmehr genügt es, wenn der Rechnung der Leistungserbringer und der Leistungsempfänger zu entnehmen sind; zudem müssen Leistungsempfänger und Zahlender nicht identisch sein. Das FG versagte die Steuerermäßigung jedoch, weil die Leistung nicht im Haushalt der Tochter, sondern in dem der Mutter erbracht worden war; begünstigt seien nur Leistungen im Haushalt der Steuerpflichtigen, also der Tochter. Begründet wird dies letztlich mit der Gleichbehandlung aller haushaltsnahen Dienstleistungen, die sonst nur dann begünstigt sind, wenn sie im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wurden. Angesichts der nicht eindeutigen gesetzlichen Regelung und der großen praktischen Bedeutung hat das FG die Revision zugelassen. Der Bundesfinanzhof (BFH) wird sich daher mir der Frage der Rechnungstellung und der des Haushalts auseinandersetzen müssen.

Nachtrag (1): Erneut Revision wegen aktiver Rechnungsabgrenzung bei geringer Bedeutung

 

Bereits in unserer Mandanteninfo 6/19 wurde auf ein Urteil des FG BadenWürttemberg verwiesen, das bilanzierenden Steuerpflichtigen ein Wahlrecht bei der Bildung aktiver Rechnungsabgrenzungsposten bei Beträgen von geringer Bedeutung eingeräumt hatte. Seinerzeit war die aus Gründen der Rechtssicherheit begrüssenswerte Revision des Finanzamts als unzulässig zurückgewiesen worden. In einem weiteren Urteil zu dieser Frage hat das FG daran festgehalten, dass die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungsposten unterbleiben kann, wenn der Wert der einzelnen Position die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter – von im Streitjahr 410 Euro – nicht überschreitet. Hiergegen wurde wiederum Revision eingelegt.

Nachtrag (2): Steuerfreie Veräußerung selbst genutzter Immobilien

 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich der in unserer Mandanteninfo 6/19 dargestellten Auffassung des FG Baden- Württemberg angeschlossen, wonach die kurzzeitige Vermietung einer bis dahin selbst genutzten Eigentumswohnung im Veräußerungsjahr nicht dazu führt, dass der Veräußerungsgewinn zu versteuern ist. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist allein die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken über einen zusammenhängenden, sich über drei Kalenderjahre erstreckenden Zeitraum. Davon ist auszugehen, wenn eine Immobilie z.B. vorn 31.12.2018 bis 1.1.2020 bewohnt wurde. Eine Vermietung und Veräußerung in 2020 ist dann unschädlich, die Veräußerung in 2021 würde dagegen zur Steuerpflicht führen, sofern der Zehnjahreszeitraum noch nicht abgelaufen ist.

 

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren,

 

in den letzten sechs Wochen vor dem Jahreswechsel wurden mindestens zwölf Einzelgesetze verabschiedet, die zu Änderungen in nahezu allen Bereichen des Steuerrechts geführt haben bzw. führen werden. Bürokratieentlastung, Klimaschutz, Bekämpfung von Steuergestaltungen sowie Korrektur missliebiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs waren dabei die vorrangigen Ziele des Gesetzgebers. Im Folgenden sind für Sie die bedeutendsten Neuregelungen mit den Schwerpunkten Einkommen- und Umsatzsteuerrecht in knapper Form zusammengestellt.

 

Mit freundlicher Empfehlung und den besten Grüßen

 

Lerner Lachenmaier & Partner

 

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Änderungsgesetze im Überblick

 

Die wichtigsten steuerrechtlichen Änderungen sind in den folgenden Gesetzen zu finden:

  • Drittes Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 20.11.2019 (G1);
  • Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10.12.2019 (G2);
  • Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften („Jahressteuergesetz 2019“) vom 12.12.2019 (G3);
  • Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht vom 21.12.2019 (G4);
  • Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21.12.2019 (G5).

Zur einfacheren Orientierung werden die Änderungen nachstehend ungeachtet dessen, in welchem Gesetz sie enthalten sind, entsprechend der Paragraphenfolge vorgestellt; die Zuordnung erschließt sich aus dem beim jeweiligen Gesetz vermerkten Kürzel. Soweit nicht anders vermerkt, sind die Änderungen zum 31.12.2019 bzw. 1.1.2020 in Kraft getreten.

1. Änderungen im Bereich des Einkommensteuerrechts

 

Der Freibetrag für vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und zur betrieblichen Gesundheitsförderung nach § 3 Nr. 34 EStG wird von bisher 500 Euro auf 600 Euro je Mitarbeiter und Jahr angehoben (G1).

Bei der Bewertung von Entnahmen durch Unternehmer infolge der Privatnutzung eines Elektro- bzw. Hybridfahrzeugs als Firmenwagen ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG wie folgt vorzugehen (G3):

  • Bei Anschaffung eines Fahrzeugs, das keine Kohlendioxidemission verursacht und dessen Bruttolistenpreis nicht mehr als 40.000 Euro beträgt, nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031, ist der Bruttolistenpreis nur mit einem Viertel anzusetzen.
  • Greift vorstehende Regelung nicht und wird das Fahrzeug nach dem 31.12.2021 und vor dem 1.1.2025 angeschafft, ist der Bruttolistenpreis nur zur Hälfte zu berücksichtigen, wenn die Kohlendioxidemission höchstens 50 Gramm/Kilometer beträgt oder das Fahrzeug allein mit Elektroantrieb eine Reichweite von 60 Kilometern hat. Für nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2031 angeschaffte Fahrzeuge gilt Gleiches, sofern das Fahrzeug allein mit Elektroantrieb eine Reichweite von 80 Kilometern hat.

Entsprechendes gilt bei Ermittlung des Nutzungswerts anhand eines Fahrtenbuchs, indem die Abschreibung auf Basis eines Viertels bzw. der Hälfte der Anschaffungskosten berechnet wird. Für Arbeitnehmer sind diese Regelungen entsprechend anzuwenden.

Nach einem neuen § 6e EStG rechnen Fondsetablierungskosten zu den Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter, die ein Steuerpflichtiger gemeinschaftlich mit anderen Anlegern beim Kauf von Fondsanteilen erwirbt. Als Fondsetablierungskosten gelten alle Aufwendungen, die neben den Anschaffungskosten an den Projektanbieter oder an Dritte zu zahlen sind, ebenso Haftungs- und Geschäftsführungsvergütungen für Komplementäre, schuldrechtlich begründete Geschäftsführungsvergütungen sowie Vergütungen an Treuhandkommanditisten. Die Neuregelung ist eine Reaktion auf die steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Sie ist auch in Wirtschaftsjahren anzuwenden, die vor dem 18.12.2019 geendet haben, und führt letztlich zum Ausschluss des Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzugs von derartigen Kosten (G3).

Unternehmen, die neue Elektrofahrzeuge oder elektrisch betriebene Lastenfahrräder nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2031 anschaffen, können nach § 7c EStG im Jahr der Anschaffung neben der linearen Abschreibung eine Sonderabschreibung von 50 % auf die Anschaffungskosten vornehmen (G3). Begünstigt sind

  • Elektrofahrzeuge der EG-Fahrzeugklassen N1, N2 und N3, die ausschließlich durch Elektromotoren angetrieben werden, ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden.
  • Lastenfahrräder mit einem Mindest-Transportvolumen von einem Kubikmeter, einer Nutzlast von mindestens 150 Kilogramm und einem elektromotorischen Hilfsantrieb.

Der Begriff der „Einnahmen in Geld“ in § 8 Abs. 1 EStG wird erweitert um zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. Hiervon ausgenommen sind Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz erfüllen. Letzteres gilt vor allem für Zahlungsinstrumente zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten des Zahlungsinstruments bzw. von mit diesem verbundenen Geschäftspartnern sowie für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums. Gutscheine, die diese Voraussetzungen erfüllen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, können weiterhin als Sachbezug behandelt werden und bleiben bis zu 44 Euro je Kalendermonat steuerfrei (G3). Sonst liegt steuerpflichtiger Lohn vor.

Die verbilligte Überlassung einer Wohnung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer führt grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Sachbezug. Dessen Ansatz unterbleibt nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG jedoch dann, wenn die vom Arbeitnehmer bezahlte Miete mindestens zwei Drittel der ortsüblichen Miete und die Kaltmiete je Quadratmeter nicht mehr als 25 Euro beträgt (G3).

Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen bei auswärtigen beruflichen Tätigkeiten im Inland von mehr als 8 Stunden Dauer nach § 9 Abs. 4a EStG steigen von 12 Euro auf 14 Euro, diejenigen für volle Kalendertage von 24 Euro auf 28 Euro. Muss in diesem Zusammenhang in einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers übernachtet werden, kommt eine weitere Pauschale von 8 Euro hinzu; alternativ können auch tatsächlich entstandene höhere Übernachtungskosten abgesetzt werden (G3). Diese Regelung gilt auch für Selbstständige.

Die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG steigt ab dem 21. Entfernungskilometer (G4)

  • von 2021 bis 2023 auf 0,35 Euro,
  • von 2024 bis 2026 auf 0,38 Euro.

Für die ersten zwanzig Kilometer bleibt es bei der bisherigen Pauschale von 0,30 Euro/Kilometer. Entsprechendes gilt für Fahrten anlässlich doppelter Haushaltsführung.

Eltern können Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge eines Kindes, für das ein Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag besteht, nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG als eigene Beiträge behandeln und absetzen, wenn sie diese Beiträge in Form von Bar- oder Sachunterhalt getragen haben (dazu zuletzt Mandanteninfo September 2019). Auf die Einkünfte und Bezüge des Kindes kommt es nicht an. Der Abzug ist auch dann zulässig, wenn ein Elternteil die Beiträge für ein Kind trägt, das nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil (G3).

Eine weitere Änderung in § 10 Abs. 1 EStG ermöglicht es, Beiträge bis zur Höhe des Dreifachen anstelle des bislang Zweieinhalbfachen zur Krankenversicherung vorauszuzahlen und im Veranlagungszeitraum der Zahlung als Vorsorgeaufwendungen abzusetzen. Die bisherige Zusatzregelung für Vorauszahlungen, die der unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahres dienen, wurde gestrichen (G3).

Nicht als Zuwendungen im Sinne von § 10b Abs. 1 EStG abzugsfähig sind nach dessen neuem Satz 8 unter anderem Mitgliedsbeiträge an Körperschaften, die z.B. Sport, der Freizeitgestaltung dienende kulturelle Betätigungen, Heimatpflege und Heimatkunde fördern (G3). Diese Regelung gilt nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Körperschaften.

Eine Änderung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sorgt dafür, dass eine (vermögensverwaltende) Personengesellschaft unabhängig von ihrer Tätigkeit auch dann insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht, wenn sie an einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt ist und diese einen Gewinn oder Verlust erwirtschaftet. Dies ist wiederum eine Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), nach dessen Auffassung ein Verlust der Beteiligungsgesellschaft keine Abfärbewirkung entfaltet. Diese Regelung gilt auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 (G3).

In dem neuen, erstmals nach dem 31.12.2024 anzuwendenden § 13b EStG wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führende gemeinschaftliche Tierhaltung vorliegt (G3).

Ein neuer Abs. 2a definiert die Anschaffungskosten für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Sinne von § 17 EStG. Die Neuregelung führt im Wesentlichen zur Wiederherstellung der Rechtslage vor der in Mandanteninfo September 2017 bereits dargestellten Rechtsprechungsänderung durch den Bundesfinanzhof (BFH). Sie gilt erstmals für Veräußerungen nach dem 31.7.2019, kann auf Antrag aber auch für vor diesem Stichtag liegende Vorgänge angewendet werden (G3).

Die Verrechnung von Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wird als Reaktion auf die der Auffassung der Finanzverwaltung widersprechende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in zweierlei Hinsicht durch Erweiterung von § 20 Abs. 6 EStG weiter eingeschränkt (G5):

  • Verluste aus Termingeschäften im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG, die nach dem 31.12.2020 entstehen, dürfen nur bis zu 10.000 Euro mit entsprechenden Gewinnen aus Termingeschäften sowie Einnahmen aus Stillhaltergeschäften nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG verrechnet werden. Übersteigende Verluste können vorgetragen und in den folgenden Jahren jeweils bis zu maximal 10.000 Euro verrechnet werden.
  • Eine vergleichbare Regelung wurde für nach dem 31.12.2019 entstehende Verluste infolge teilweisen oder vollständigen Ausfalls von Forderungen, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter (insbesondere Aktien), aus der Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 20 Abs. 1 EStG auf Dritte sowie aus dem sonstigen Ausfall der zuletzt genannten Wirtschaftsgüter eingeführt. Die Verlustverrechnung im Entstehungsjahr sowie in den Folgejahren wird ebenfalls aufje 10.000 Euro begrenzt.

Steuerpflichtige Kapitalerträge, die nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, müssen in der Einkommensteuererklärung angesetzt werden und unterliegen dann der Abgeltungsteuer. Fließen derartige Erträge Arbeitnehmern zu, müssen diese sich nach § 32d Satz 3 EStG auch dann zur Einkommensteuer veranlagen lassen, wenn sie nach § 46 Abs. 2 EStG eigentlich nicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind (G3).

Die Regelung zur Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in § 32c EStG wurde überarbeitet und soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 angewendet werden (G3). Sie tritt erst nach der Feststellung der Europäischen Kommission, dass es sich hierbei nicht um eine unzulässige Beihilfe handelt, in Kraft.

Für energetische Maßnahmen an eigenen, ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die nach dem 31.12.2019 begonnen und vor dem 1.1.2030 abgeschlossen werden, führt § 35c EStG eine Steuerermäßigung ein (G4). Unter der Voraussetzung, dass das Gebäude bei der Durchführung einer energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre ist, beläuft sich die Steuerermäßigung

  • im Kalenderjahr des Abschlusses der Maßnahme und im folgenden Kalenderjahr auf jeweils 7 % der Aufwendungen, höchstens jedoch jeweils 14.000 Euro,
  • im übernächsten Kalenderjahr auf 6 % der Aufwendungen, höchstens aber 12.000 Euro,
  • auf maximal 40.000 Euro je gefördertem Objekt.

Folgende Maßnahmen – insoweit steht noch eine Rechtsverordnung aus – werden gefördert:

  • Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen und Geschossdecken;
  • Erneuerung von Fenstern und Außentüren;
  • Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage;
  • Erneuerung von Heizungsanlagen bzw. Optimierung bestehender, mehr als zwei Jahre alter Heizungsanlagen.
  • Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung.

Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG setzt weiterhin insbesondere voraus, dass

  • die Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wurden,
  • keine Steuerbegünstigung nach § 10f EStG für Baudenkmale oder Objekte in Sanierungsgebieten bzw. keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienst- oder Handwerkerleistungen in Anspruch genommen wurde,
  • keine zinsverbilligten Darlehen oder steuerfreien Zuschüsse beansprucht wurden,
  • die Maßnahmen von einem Fachunternehmen durchgeführt wurden und dieses hierüber eine gesonderte Bescheinigung auf amtlich vorgeschriebenem Muster ausgestellt hat; auch hierzu bedarf es noch einer Rechtsverordnung;
  • dem Steuerpflichtigen eine in deutscher Sprache abgefasste Rechnung vorliegt, aus der sich die Aufwendungen, die förderfähigen Maßnahmen, die Arbeitsleistung des Fachunternehmens sowie die Adresse des begünstigten Objekts ergeben;
  • die Zahlung der Rechnung auf das Konto des Leistungserbringers erfolgt ist.

Zuschüsse zu einem Jobticket, die der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn leistet, können bislang schon nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei bleiben, führen aber dazu, dass die Entfernungspauschale um die steuerfreie Leistung gekürzt wird. Anstelle der Steuerbefreiung kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Jobtickets nach dem neuen § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG mit 25 % pauschalieren; in diesem Fall unterbleibt auf der Arbeitnehmerseite die Minderung der Entfernungspauschale (G3).

Der geldwerte Vorteil infolge der unentgeltlichen oder verbilligten Zuwendung eines betrieblichen Fahrrads, das nicht als Kraftfahrzeug anzusehen ist, kann nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ebenfalls mit 25 % pauschal versteuert werden (G3).

Die Grenze in § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG, bis zu der die Lohnsteuer von kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern mit 25 % pauschal berechnet werden kann, steigt von bisher 72 Euro auf nun 120 Euro je Arbeitstag. Außerdem wird der pauschalierungsfähige Stundenlohn nach Abs. 4 Nr. 1 dieser Vorschrift von 12 Euro auf 15 Euro erhöht. Ein neuer Abs. 7 in § 40a EStG eröffnet die Möglichkeit, die Lohnsteuer für Bezüge von kurzfristig im Inland tätigen, beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern, die einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, ungeachtet der Lohnsteuerabzugsmerkmale pauschal mit 30 % zu erheben (G1).

Beiträge des Arbeitgebers zu einer Gruppenunfallversicherung können bislang mit 20 % pauschal besteuert werden, wenn der Durchschnittsbetrag ohne Versicherungssteuer nicht höher als 62 Euro im Kalenderjahr ausfällt. Dieser Grenzbetrag steigt auf 100 Euro (G1).

Geringverdiener – Arbeitnehmer wie auch Selbstständige – haben für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 nach den §§ 101ff. EStG einen Anspruch auf eine Mobilitätsprämie (G4). Diese ist gesondert zu beantragen, wird durch einen Prämienbescheid festgesetzt und ausgezahlt, wenn sie mindestens 10 Euro beträgt. Die Prämie beträgt 14 % der wie folgt ermittelten Bemessungsgrundlage: Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. anlässlich doppelter Haushaltsführung, höchstens jedoch der Betrag, um den das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag unterschreitet.

2. Änderungen im Bereich des Umsatzsteuerrechts

 

Der neue § 3 Abs. 6a UStG enthält eine umfassende, auf EU-Recht zurückgehende Regelung für Reihengeschäfte, die der Klarstellung der Zuordnung der Beförderung oder Versendung dient und zur Erhöhung der Rechtssicherheit beitragen soll. Ein Reihengeschäft liegt danach nur dann vor, wenn zwar mehrere Unternehmer in die Lieferung eines Gegenstandes involviert sind, aber nur einer von ihnen die Verantwortung für dessen Transport vom Abgangsort bis zum Endabnehmer trägt (G3).

Innergemeinschaftliche Lieferungen sind nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG nur dann steuerfrei, wenn der liefernde Unternehmer eine Zusammenfassende Meldung abgegeben hat und diese hinsichtlich der betreffenden Lieferung vollständig und richtig ist. Die Neuregelung verweist auf § 18a Abs. 10 UStG, wonach ein Unternehmer eine unrichtige oder unvollständige Zusammenfassende Meldung binnen eines Monats berichtigen muss, nachdem er den Mangel erkannt hat, andernfalls droht ein Bußgeld bis zu 5.000 Euro. Eine innergemeinschaftliche Lieferung liegt nach Änderung von § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG u.a. nur dann vor, wenn der Abnehmer für umsatzsteuerliche Zwecke erfasst ist und gegenüber dem liefernden Unternehmer eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaats verwendet hat. Schließlich enthält der neue § 17a UStDV eine Regelung zur „Gelangensvermutung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Beförderungs- und Versendungsfällen“ (G3).

Für Konsignationslager, also Lager, die ein Unternehmen in einem anderen EU-Staat unterhält, um die dortigen Kunden schneller beliefern zu können, wurde in § 6b UStG eine Neuregelung geschaffen (G3).

Umsatzsteuerpflichtige bzw. optierende Existenzgründer müssen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen im Gründungs- und Folgejahr bislang monatlich abgeben. Eine für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 geltende Neuregelung in § 18 Abs. 2 Satz 6 UStG erlaubt nun die quartalsweise Abgabe der Voranmeldungen, wenn die zu entrichtende Umsatzsteuer voraussichtlich nicht mehr als 7.500 Euro betragen wird. Zur Prüfung der Grenze wird die voraussichtliche Umsatzsteuer in einen Jahresbetrag umgerechnet (G1).

Die Kleinunternehmergrenze in § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird von bisher 17.500 Euro auf 22.000 Euro angehoben (G1).

Unternehmer, deren Umsatz im Vorjahr nicht mehr als 500.000 Euro betragen hat, können nach § 20 Abs. 1 UStG beantragen, dass die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet wird (sog. Ist-Versteuerung). Dieser Grenzbetrag steigt auf 600.000 Euro (G5).

Ein neuer § 25f UStG versagt den Vorsteuerabzug sowie die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, wenn der liefernde Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich letztlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat. Die Regelung dient der Bekämpfung von Umsatzsteuer-Karussellen (G3).

3. Sonstige Änderungen

 

Wer einen Betrieb eröffnet oder eine freiberufliche Tätigkeit aufnimmt, muss hierzu nach bislang geltender Rechtslage erst nach Aufforderung durch das Finanzamt weitere steuerlich relevante Angaben machen. Dabei genügte es zudem, den „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ in Papierform an das Finanzamt zu senden. Künftig sind diese Angaben unaufgefordert binnen eines Monats nach Gründung zu machen. Zudem muss die Meldung – der konkrete Anwendungszeitpunkt steht insoweit noch nicht fest – nach § 138 Abs. 1 b Satz 2 AO elektronisch übermittelt werden (G1).

Der Solidaritätszuschlag (G2) wird ab 2021 wie folgt zurückgeführt:

  • Die bisherigen Freigrenzen für die Erhebung des Solidaritätszuschlags von 972 Euro bei Einzel- bzw. 1.944 Euro bei Zusammenveranlagung werden auf 16.956 Euro bzw. 33.912 Euro angehoben.
  • Für höhere Einkommen gilt eine Milderungszone, die einen Belastungssprung beim Überschreiten der Freigrenze vermeiden soll. Die Wirkung dieser Milderungszone lässt mit steigendem Einkommen nach.
  • Im Lohnsteuerabzugsverfahren werden diese Freigrenzen auch bei sonstigen Bezügen berücksichtigt, was bislang nicht der Fall war.
  • Einkommen über der Milderungszone werden nicht entlastet. Gleiches gilt für den Solidaritätszuschlag auf die Kapitalertragsteuer, sofern die Günstigerpriifung zur Regelbesteuerung führt, sowie für insbesondere Kapitalgesellschaften, bei denen der Solidaritätszuschlag auf Basis der Körperschaftsteuer berechnet wird.

Derzeit wird diskutiert, die Rückführung des Solidaritätszuschlags auf den 1.7.2020 vorzuziehen; dazu müsste das Gesetz aber erneut geändert werden.